Smells Like Lucerne Spirit

Konzerthaus Schüür, 05.04.2014: Vielleicht mag die Luzerner Musikszene noch nicht jene göttergleiche Band wie Nirvana hervorgebracht haben. Doch kann sie ebenfalls Begeisterung und Leidenschaft wecken, wie dies die Grunger aus Seattle getan haben. Was denn an der «Smells Like Grunge Spirit #2» Tribute Night bewiesen wurde.

(Von Ramona Duss, Bilder: Stoph Ruckli)

An jenem Tribut-Abend coverten 20 Luzerner Formationen je einen Song von Nirvana. Moderiert wurde von Marco Liembd, der zwischen den jeweiligen Umbau-Pausen das Publikum bei Laune hielt. Gekonnt leitete er durch das Programm, erklärte, präsentierte, animierte. Videos auf einer Leinwand und Gags lockerten weiter auf und vermittelten Wissen. Dass die Monty Python-Einlage mit dem Asche-Gag nicht so ganz verstanden wurde, möge verziehen werden, standen im Publikum doch viele junge, Python-unkundige Personen. Den musikalischen Auftakt gaben Shady & The Vamp, die den Song «About a Girl» coverten. Gleich mittels der ersten Griffe an ihren Instrumenten brachten sie den Geist des Grunge zwischen die Zuhörer.  Die Auftritte waren nach dem Erscheinungsdatum der jeweiligen Alben arrangiert. Neben «About a Girl» fand sich nur noch der Song «School» des Debütalbums Bleach, dem sich sich Kathara hingaben.

Nevermind Mit 7 Dollar Taxi und Smells Like Teen Spirit geschah dann der chronologische Wechsel zu Nevermind. Nun waren die letzten steifen Tanzbeine im Publikum in Bewegung gekommen. Doch bei 7 Dollar Taxi bewegten sich zu der Musik von Nirvana noch viele Körperteile mehr, wie Tizian verriet, der gerne beim Sex den Songs von Cobain lauschen würde. Nach Lemur und In Bloom betrat der Obernauer Damian Lynn die Bühne. Dieser Auftritt war eines der grössten Highlights des ganzen Abends. Denn die Solo-Darbietung enthielt so viel Leidenschaft und Persönlichkeit, dass das Cover zwar an Nirvana erinnerte, jedoch mit genau der richtigen  Portion Eigenständigkeit serviert wurde. Augustine’s Suspender zeigten anschliessend mit «Breed» eine gelungene Aufführung und überzeugten in ihrer gewohnten, musikalischen Klasse. Während der nächsten kleinen Pause meinte Ivo, der Sänger von Baby Genius, nach ein wenig Eigenwerbung, dass sein erster Nirvana-Kontakt bereits im CD-Regal seiner Eltern stattgefunden hätte. Zum Glück, denn wer weiss, wohin es Baby Genius sonst verschlagen hätte. Vielleicht nicht auf die Bühne, wo wir Version von «Lithium» hören konnten? Das nächste Stück «Polly» spielte Alvin Zealot-Bassist Nick Furrer alias Haubi Songs. Seine Variante auf Mundart kam sehr originell und als wunderbare Abwechslung daher. Vor der großen Pause traten noch Jet Turino & Javié («Territorial Pissings») und Das Wiesel («On A Plain») auf die Bühne. Den Satz «Es esch Ziit vergange ond d Ziit schafft Legände» warf Liembd noch vor der großen Pause in das johlenden Publikum . Den Legendenstatus hat inzwischen nicht nur Kurt inne, sondern auch der letzte Drummer der Nivana-Ära. Dave Grohl bewies in medialer Form seinen Kultstatus, als er als Teufel verkleidet im Videoclip von Tenacious D über die Leinwand leuchtete.

…feat. HipHop Das nächste grosse Highlight kündigte sich nach einer 20-minütigen Pause an, als die Hergiswiler HipHop-Band Pflegeleicht auf die Bühne kam. Sie präsentierten «Drain You» in einem tollen Mix aus Grunge und HipHop-Sound, wobei mittels Trompetenspiel perfektioniert wurde. Ebenso gehörten die Rapper zu den wenigen Musikern, welche den alten Nirvana Hit übersetzten und auf Mundart vorstellten. Diese Zusammenstellung war mehr als gelungen. Obwohl die Herren eigentlich nur als Ersatz für eine andere Formation eingesprungen sind, zeigten sie sich als die wohl kreativste Combo der Tribut-Nacht. Dabei wurde  verraten, dass der Song in ihrem zukünftigen Live-Programm einen Platz finden wird und im Herbst sogar im Studio aufgenommen wird.

Incesticide Pretty Little Hate Machine und Aneurysm vollzogen schliesslich den Wechsel von Nevermind zur dritten Nirvana-Platte Incesticide, die sich in einem Gewand aus herrlich harten Klängen zusammensetzt. Zu Beginn der Rival Kings-Show staunte die tanzende Menge zuerst über ihr kurzes Warmspielen. In der Schüür wird eben nicht oft in Form von Backstreet Boys-Klängen ein Soundcheck durchgeführt. Dank der Performance von «Heart Shaped Box» konnten sie das irritierte Publikum dann aber wieder für sich gewinnen.

In Utero Mit «Rape Me» war die Veranstaltung schon beim vierten Album In Utero angelangt.  Unglaublich, wie Zirrus die Bühne dabei vergewaltigten! In ihrer Version des Songs mischten sie moderne Metalklänge wie Progressive Metal, Metalcore und Mathcore mit Grunge zu einem grossartigen Stück. Dadurch  überzeugten der Luzerner Fünfer nicht nur Metal-Liebhaber, sondern kürte sich dank  gutturalem Gesang, Breakdowns und Shredding gleich in die obersten Plätze des Abends. Max Bailey und Carson spielten  anschliessend zwei schöne und gut nachgemachte Versionen von «Dumb» und «Pennyroyal Tea», die aber nicht wirklich zu Jubelschreien hinreissen wollten. Bevor die letzten Bands die Nacht langsam ausklingen liessen, kam auch Liembds Moderation zu einem Ende: Cobains Tod läutete für die Show dann langsam, aber sicher den ehrvollen Gang ins Nirvana ein. Nach Pink Spider und All Apologies kamen die  Silhouette Tales auf die Bühne. Ihr Auftritt blieb besonders in Erinnerung, weil die Sängerin Irene als einzige Frau einen Song coverte. Dank ihrer tollen Stimme erklang das Stück «Plateau» in einem ganz ungewohnten Ton und begeisterte. Kapnorth klangen dann bei «Where Did You Sleep Last Night» sehr nach Kaporth und konnten nicht besonders überraschen. Vielleicht lag das aber daran, dass dieser Song einer der ersten war, den Sänger Elia schon als Jugendlicher gecovert hatte? Beim zuletzt gezeigten Clip zum legendären Kracher «Smells Like Teen Spirit» pogte und hüpfte tatsächlich noch der halbe Saal wie wild mit. Die Finalissima schmissen Weekend Phantom mit «You Know You’re Right» mächtig und gelungen, inklusive wallendem Jesus-Haar hinter den Kübeln. 20 Bands demonstrierten vielfältige und sehr unterschiedlich klingende Covers. Ein interessantes Programm, das Cobain mit Sicherheit nicht im Grab umdrehen liess. Er hätte sich an der gezeigten Begeisterung auf und vor allem auch vor der Bühne gefreut. Eine gelungene Hommage.