Vorfreude auf Marygold: Kirchenorgel in Gitarrenwänden

Zweieinhalb Jahre sind vergangen seit «Dare, Dare Surrender», dem letzten Marygold-Album. Übertroffen wurde es weitherum kaum. Nun sorgt die Band mit dem Nachfolger «My Bow, My Arrow, My Target» selbst dafür – ein grosser Wurf. (Artikel aus dasKulturmagazin 2/09)

Die Einflüsse auf den Marygold-Sound kann man auf die Bandmitglieder zurückführen: Patrik Zosso (Schlagzeug) bringt den Elektro, Philipe Burrell (Gesang, Gitarre) den Pop und Claudio Renggli (Gitarre) den Rock. So entsteht letztlich, was die drei Musiker Indietronic nennen. Gemeinsam war die Absicht, ein beat- und basslastigeres Album mit einem synthetischeren, gröberen Fundament zu schaffen. Vielleicht ist es mehr das Album von Patrik Zosso, dessen Einfluss wuchs. «Es ist ein komplexes Teil geworden», sagt Burrell jetzt, nach acht Monaten Arbeit.

In der Tat ist «My Bow, My Arrow, My Target» rhythmischer und agressiver geworden, mit kratzigen Synthie-Bässen und mehr Liebe zu Details und Arrangements. Und das Album braucht seine Zeit, bis es seine Grösse preisgibt. Grossartige Songs wie «Glory Box» oder «Skip Life» zeigen auf, in welche Richtung sich Marygold noch bewegen könnten. Renggli sagt: «Wir sind froh, dass wir unseren Stil nicht gefunden haben, wir sind stets suchend.» Ein verzweifelt-aggressives Grundgefühl liegt dem Album zugrunde, was sich in Songs wie «Rocket Chair» niederschlägt. Man erkennt Marygold an Stimme und Melodien wieder. Doch sie gehen einen Schritt weiter: Eine bis ins Detail durchdachte Produktion, mit sparsam eingesetztem Pathos und Gitarrenwänden an den richtigen Stellen. 02-rocket-chair-part-ii Dafür betrieb die Band einen ungeheuerlichen Aufwand mit viel Mut zum Experiment. In einer ehemaligen Uhrenfabrik im Jura entstanden beispielsweise die Gesangsaufnahmen. «Wir haben das Studio dort errichtet, wo der Raum stimmt, der Sound liegt uns so am Herzen», so Burrell. Für die Gitarren wurde Blackmail-Gitarrist Kurt Ebelhäuser zugezogen, was kurzzeitig die Angst auslöste, es könnte eine Rockplatte geben. Der Mini-Moog-Synthie hat schliesslich für eine «Entrockung» gesorgt, wie es Burrell nennt. Für jedes Instrument fand man einen Spezialisten – letztlich auch für Flügel und sogar eine Kirchenorgel («Mellow»). «Marygold funktioniert nicht im Proberaum, die Songs entstehen durch Arbeit, Ausprobieren und Basteln im Studio», sagt Burrell.  Ziel kann jetzt nur eines sein: Der Schritt ins Ausland. Daher verliessen Marygold das Luzerner Hauslabel Little Jig und starteten (zusammen mit den anderen Burrell-Brüdern) das eigene Label Echo Park, das ihnen mehr Freiheit lässt – auch in Bezug auf ein ausländisches Label. Das Album dafür ist jetzt geschaffen.

Marygold: My Bow, My Arrow, My Target (Echopark) CD-Taufe: FR/SA 13./14. Februar, Südpol Luzern