Tote Hose in der Altstadt? Tote Hose in der Altstadt!

Neubad Luzern,08.03.2016: Warum ist in der Altstadt nichts los? Darüber diskutierten am Neubad-Talk Albert Schwarzenbach (Grossstadtrat CVP), Simone Müller-Staubli (Gastronomin u.a. Brasserie Bodu und Restaurant Mill'Feuille) und Walter Stadelmann (Geschäftsführer Bäckerei Merz). Die Gesprächsrunde brachte nichts Neues ans Licht.

Die Gäste waren sich einig: In der Altstadt gibt es ein Problem. Doch welches genau – darüber herrschte nicht unbedingt Einigkeit. Oft wurde der fehlende Branchenmix in der Altstadt als Übel für das dortige Leben genannt. So präge die Schmuck-, Uhren- und Modebranche das Erscheinungsbild der Innenstadt. Wegen dem Tourismus, so der Tenor, sei das Geschäftsangebot eintönig. Die Liegenschaftsbesitzer vergeben ihre Räumlichkeiten an die Meistbietenden und das zieht dann logischerweise grosse Ladenketten an, die das grosse Geld riechen. Und dieses Konzept geht für die Läden auf: Bekanntlich steht Luzern an dritter Stelle der Städte mit dem höchsten Umsatz der Uhrenbranche auf der ganzen Welt. Doch was kann man gegen die Uhrenflut unternehmen? Darauf fand in der Runde niemand eine Antwort. Immerhin präsentierte Albert Schwarzenbach einen herzigen Versuch: Ein Award soll an Immobilienbesitzer vergeben werden, die auf kleine Geschäfte setzen. Vielfältiger Branchenmix hin oder her – Verschiedenartige Geschäfte machen noch lange kein lebendiges Quartier aus. Es braucht günstigen Wohn- und Kulturraum, doch genau der ist in der Luzerner Altstadt Mangelware. Genau zu diesem Thema äusserte sich ein Zuhörer. Doch wie kann man günstigere Mietpreise anbieten? In erster Linie stehen diesbezüglich die Immobilienbesitzer in der Pflicht, doch die mögen halt auch lieber Mehreinnahmen durch höhere Mieten. Leider wurde das Thema Wohnpolitik nicht weiterverfolgt, obwohl es zentral für eine Stadtentwicklung ist. Denn man weiss, dass zum Beispiel bei der Gentrifizierung die Bodenpreise ein entscheidender Faktor für die Verlagerung sind. Apropos Gentrifizierung: Am Neubad-Talk wurde nie darüber diskutiert, ob es nicht zu einer «normalen» Stadtentwicklung gehört, dass sich die Bedeutung der Quartiere verändert und sich das kulturelle Zentrum verschiebt. Es fehlte auch an einem Blick über den eigenen Tellerrand: Was passiert in anderen Schweizer Städten mit der Altstadt? Warum ist im Zürcher Niederdorf noch mehr los als in Luzern? Ein Talk-Gast aus einer anderen Stadt wäre auf jeden Fall sehr interessant gewesen. Die Gäste im Neubad waren mässig interessant: Walter Stadelmann von der Bäckerei Merz sagte vor allem, dass ihm die Entwicklung zu bedenken gebe, er aber an eine Selbstregulierung glaube (Überangebot führe zu einem Kollaps). Die Gastronomin Simone Müller-Staubli vertrat den Standpunkt der Beizer: Weniger Regulierung von Seiten der Stadt. Und Albert Schwarzenbach lobte sich selber als scheinbar einziger Retter der Altstadt, indem er von seinen vielen politischen Vorstössen zur Erhaltung der Altstadt erzählte. Er äusserte sich aber auch zum Interessenkonflikt der Bewohner, Gewerbler und Beizer in der Altstadt: Man sei eher intoleranter geworden und es komme schneller zu Konflikten. Gerade beim Thema Lärm bemerke man dies – das Luzerner Fest findet unter anderem auch darum nicht mehr in der Altstadt statt – , man rufe schneller als früher die Polizei, so ein Votum eines Zuhörers. Alles in allem blieb die Diskussion an der Oberfläche und verhedderte sich in der Zusammensetzung der Ladenlokale. Der Moderator Daniel Schriber war zwar souverän in seiner Rolle, aber ein wenig zu lieb mit seinen Gästen. Sein Schlusswort, dass in der Altstadt viel los sei, teile ich überhaupt nicht. Vielmehr dümpelt sie ihrem Ende entgegen, langsam und unaufhaltsam. Hier das ganze Gespräch: https://vimeo.com/158260912