Weit mehr als wildes Nichts

Zum dritten Mal feierte Erased Tapes am Samstagabend das zweijährige Bestehen. Wild Nothing aus Amerika figurierte im Bühnenaufgebot und fungierte als passender Abriss der musikalischen Zielgruppe der Eventveranstalter.

(Von David Buntschu)

Es gibt zwei Wild Nothings. Eine Seite des amerikanischen Kult-Pop-Acts produziert träumerische Musik im Studio. Während dieser Zeit des Schaffens besteht die Band aus Jack Tatum, einem der Popmusik devoten Jungspund aus Virginia. Spielt Wild Nothing wie Samstagabends im Südpol live, so hat er eine vierköpfige Band im Rücken, die wiederum ihm und der Musik seines Ideals devot sind. In jedem Falle merkte man als Schlechtkenner der Band schnell, dass die gehörte Musik nicht im Plenum komponiert wurde. Alle Songs hüllen sich in ein Kleid effektvoller Gitarren und träumerischer Synths. Dabei entsteht ein Gesamtbild, das 80er-Gefühle neu aufleben lässt. Die Einsätze sämtlicher beteiligter Musiker sind gegeben, durchdacht und werden live nicht ausgebaut oder zerstört. Man erinnert sich an Beach House, XX oder Foster The People. Die Besucher der dritten Sause zu Ehren der Luzerner Eventveranstalter Erased Tapes bekamen im Südpol Wohlfühlmusik zu hören. Wild Nothing mag Musik sein, die sich schnell ausgepufft hat. Nichtsdestotrotz ist sie leicht zugänglich, fröhlich, einlullend, ehrlich und gezielt. Perfekt zum Wohlfühlen eben. Die gespielten Songs des aktuellen Albums «Nocturne» und der alten, übers Internet hochgelobten Platte «Gemini» gaben einen Einblick ins musische Klangideal des Jack Tatum. Das sich Gefühle oder Eindrücke wiederholen, kann man ihm also nicht übelnehmen; legt er doch mit feinen Lyrics, einer unglaublich warmen und einlullenden Stimme und Pathos dem Zuhörer seine Welt zu Füssen. Was Wild Nothings Musik kaum beinhaltet sind Ausbrüche oder Songs in Moll. Solche Eigenheiten mögen sich vielleicht auch erst noch in Jack Tatums Pop-Ideal einbetten. Er ist ja noch so jung. Alles Gute zum Geburtstag möchte ich Erased Tapes zuletzt aber nichtsdestotrotz von Herzen wünschen. Mit den drei Konzertabenden baute man stetig auf und gab einen Abriss von Acts, die man pushen und fördern möchte: Aufkommende Indie-Formationen mit vielversprechenden Live-Shows und Ohrwurm-Alben. Das alles gekoppelt mit neuem aus der Schweizer Indie-Musiklandschaft (am Samstagabend die von Jack Tatum hochgelobten Berner Labrador City). Kilian Mutter von Erased Tapes ist gewiss, dass man als Eventveranstalter einen klaren Pfad geht und niemandem etwas schuldet. An die Veranstaltungen kommen kann, wer mag. Lässt man vergangene Erased Tapes-Abende Revue passieren, so darf man sichergehen, das diese klare Linie das Gusto vieler trifft.