Perplex komplex komisch

Kleintheater, Luzern, 13.03.10: Mit ihrer Interpretation der Komödie «Perplex» von Marius von Mayenburg feiert die Theatergruppe Aeternam ihr 25. Bühnenjubiläum. Die Schauspieler*innen begeben sich unter der Leitung von Jürgen Schneckenburger auf eine schmale Gratwanderung zwischen Realität und Illusion.

Fotos: Ingo Höhn

Die Kulisse zeigt ein Wohnzimmer: Farbige Wände, ein Sofa, rechts und links je eine Tür mit Vorhängen. Das Ehepaar Robert und Eva kehrt aus seinen Ferien zurück. Doch alles ist anders. Da steht neu diese hässliche Pflanze und plötzlich tauchen die Nachbarn Sebastian und Judith auf und bieten ihnen Kaffee an. «Das ist doch unsere Wohnung!», sagt Eva laut. «Was glaubst du eigentlich?», erwidert Judith empört.

Von Beginn an lassen die ironischen, teils zynischen Dialoge das Publikum in Gelächter ausbrechen. «Perplex» sind Eva und Robert in dieser Situation nur für einen kurzen Moment; bald haben sie die neue Situation akzeptiert. Die Wohnung ist eben nicht mehr ihr Zuhause, sondern Sebastian und Judiths. Alle geben sich dem Rollenwechsel hin: Robert ist nun der Nachbarssohn, während Eva zu seiner Au-pair wird. Diese Konstellationen ändern sich während des Stücks zig Male und doch ist es erstaunlich leicht, den vier Charakteren in die jeweils neue Umwelt zu folgen.

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Doch immer wieder brechen die Protagonist*innen kurz aus, fragen sich, was hier eigentlich abgeht. In den kurzen Momenten der Verzweiflung werden sie sich ihrer Realität als Figur einer Komödie bewusst. Doch diese Erkenntnis bleibt von kurzer Dauer. Beispielsweise dreht sich Robert einmal zum Publikum und spricht es direkt an. «Warum redest du denn mit der Wand?», fragt Eva daraufhin prompt. Oder Sebastians kurzer Einschub: «Steht so im Text!»

Immer wieder werden Sinnfragen der Menschheit gestellt: Ist das alles eigentlich echt? Existieren wir wirklich? Geschickt werden sie ergänzt durch einen Einschub von Platons Höhlengleichnis und Gedichten von Nietzsche. Es seien alles nur Synapsen, flackernde Synapsen, die uns mit Illusionen füttern. Der altbekannte Hinweis auf die Matrix.

Der Plot ist unter anderem eine Reise durch Geschichte und Kultur der Menschheit. Von Sebastian, dem in der Dusche Darwins Evolutionstheorie als Eingebung erscheint, über Robert, der plötzlich ein SS-Soldat ist und schliesslich Judith die von Hausfrau zur Wikingerin mutiert. Das alles in den vier Wänden dieses idyllischen Wohnzimmers – oder eben in den drei Wänden dieser Kulisse.

Obwohl die Protagonist*innen ständig neue Rollen einnehmen, haben sie alle bestimmte Charakterzüge. Robert ist der Verwirrte, Judith die Stolze, Sebastian der Emotionale und Eva die Rationale. Gegen Ende der Aufführung werden sie alle zu Schauspieler*innen, die dabei sind ein Stück einzuüben. Bleiben sie Theaterfiguren oder erhalten sie Eingebungen?

Die Komödie ist den Beteiligten definitiv gelungen. Fragt sich, was alles in Regisseur Jürg Schneckenburgers Kopf vorgegangen ist, wie viele Schlaflose Nächte er verbracht hat, um diesem komplexen Stück von Marius von Mayenburg einen roten Faden zu verleihen. Das Theater Aeternam präsentiert sich mit 25 Jahren Theatererfahrung auf der Bühne in vollem Glanz.

Spiel: Franziska Bachmann Pfister, Christoph Fellmann, Marco Sieber, Irene Wespi

Regie: Jürg Schneckenburger; Ausstattung: Bernadette Meier; Musik: Thomi Silvestri; Licht: Martin Brun; Technik & Regieassistenz: Enya Müller; Grafik: Erich Brechbühl; Produktion: Stefanie Frick

Theater Aeternam: Perplex
FR 15. , SA 16. März, FR 12., SA 13. April, jeweils 20 Uhr
Kleintheater, Luzern

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