Karis Tod

Parterre, 13.03.2014: Mit dem Theaterformat «Improkrimi» kreieren der Schauspieler Maël Stocker und der Gitarrist Joël Kuster ein facettenreiches und bewegendes Theater der etwas anderen Art. Unter Einbezug des Publikums wird gemordet, Tatmotive werden ermittelt und auf tragische Schicksale verwiesen.

Protokollierter Tatbestand: Am 13.03.2014 wurde der Naturwissenschaftler Kari* (†) im Untergeschoss eines Industrieareals in Luzern tot aufgefunden. Nach weitgreifenden Untersuchungen und mehreren wissenschaftlichen Proben ist von der Todesursache «Verhungern» auszugehen. Zeugen sind ausser dem Publikum keine bekannt. Der zuweilen arbeitslose Detektiv Roberto Müller stellte die Untersuchungen gegen zwei Mitarbeiter nach 21.00 Uhr ein. Grund hierfür: Die beiden wurden eine Stunde später, im gleichen Arealbezirk, tot aufgefunden. Selbstmord wird dabei ausgeschlossen. Eher bekräftigte sich die Annahme, dass die beiden Wissenschaftler während des Schüttelns ihrer Reagenzgläser auf tragische Weise umkamen. Chemische Flüssigkeiten am Boden und auf ihrer Kleidung bestätigten dies. Wie zuvor bei Kari musste eine Zweitperson im Raum gewesen sein, welche die bestialische Tat ausgeführt hatte. Beweis: Schweissflecken. Der Täter konnte später ermittelt werden: Der ehemaliger Schulkollege Karis bekannte sich nach halsbrecherischer Flucht in einem Kinderwagen zur Tat und wurde daraufhin verhaftet. Der Angeklagte hat mit einer Freiheitsstrafe von mehreren Jahrzehnten zu rechnen. Aufgrund seines fortgeschrittenen Alters ist jedoch kaum davon auszugehen, dass er das Ende seines Strafvollzugs erleben wird. Innerhalb weniger Minuten Denkzeit kreiert der Schauspieler Maël Stocker mit vier vorgegebenen Schlagwörtern des Publikums einen Improvisationskrimi. Die Inszenierung kann dabei wie der oben genannte Tatbestand aussehen, wird jedoch in jeder Vorstellung anders gestaltet. Die musikalische Begleitung des Gitarristen Joël Kuster untermalt für anderthalb Stunden das spannungsreiche Theater. Inputs des Publikums fliessen anhand live gedrehter Videoperformances in das Ein-Mann-Kriminalstück nahtlos ein. Die solo gespielten Darbietungen sind dabei Improvisationen, die verschiedene Blickwinkel zeigen. Mord, Verbrechen und Motive werden vom Publikum aktiv mitgestaltet und schliesslich anhand Maël Stockers fiktiven Charakteren ausagiert. Während des Stücks treten zwischenmenschliche Spannungen und groteske Auswirkungen zum Vorschein, die anhand der rekonstruierten Momente unvorhersehbare Wendungen nehmen. Der Frage, der Maël Stocker sowie das Publikum nachgehen, ist in jedem Stück dieselbe: «Wer ist der Mörder?» Bei einem zweiten oder dritten «Improkrimi» findet der Zuschauer wieder die gleiche Ausgangslage vor, was die anfängliche Spannung des improvisierten Theaters nehmen kann. Durch den Beitrag des Publikums lebt die spontan geschaffene Geschichte jedoch weiter. Die einfache Bühnendarstellung setzt hier, zu den heute oftmals überopulenten Bühnenbildern, einen gelungen Kontrastpunkt. Der Reiz des Improvisationstheaters «Improkrimi» liegt in der Mischung aus sprachlicher Lakonie, Wortwitz sowie temporeichem Rollenwechsel auf verschiedenen Fiktionsebenen. Zusätzliche Dramatik wird dem Theater durch immer neue, tragikomische Wendungen verliehen. *Nachname der Redaktion bekannt