Farbe in bester Gesellschaft

Kunstplattform akku Emmenbrücke, 21.08.2015: Lange war in Luzern nichts mehr zu sehen von der erfolgreichen Abgängerin der hiesigen Kunstgewerbeschule. Pia Fries zeigt in einer umfangreichen Einzelausstellung in der Kunstplattform akku in Emmenbrücke ihren aktuellen Werkzyklus unter dem poetischen Ausstellungstitel «Windhand Laufbein».

Ehrlich gesagt, der Ausstellungstitel hat sich bis am Ende der Ausstellung nicht wirklich erschlossen. Man hätte die Künstlerin Pia Fries oder die scheidende Kuratorin Natalia Huser fragen können. Während man sich nach dieser Einzelausstellung von Pia Fries wünscht, des Öfteren Werke von ihr in Luzern präsentiert zu bekommen, müssen wir auf die kuratorischen Fertigkeiten von Natalia Huser in Zukunft verzichten, sie verlässt nach ihrer Dernière die Zentralschweiz zu Gunsten der Monumenta in Zürich.

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Umso mehr beschämend, als dass die letzte Laudatio von Huser knapp verpasst wurde. Trotzdem sollen hier einige Gedanken zu den ausgestellten Werken ihren Platz finden. Die Künstlerin, man kann sie durchaus als waschechte Malerin bezeichnen, vermag mit ihren neusten Arbeiten die strahlend weissen Räumlichkeiten im akku problemlos zu füllen. Die in Beromünster geborene, in Düsseldorf lebende und arbeitende Pia Fries (*1955) ist Abgängerin der Kunstgewerbeschule unter den Fittichen von Anton Egloff. Zahlreiche ehemalige Wegbegleiterinnen und -begleiter fanden sich unter den Vernissage-Besuchern, was auf die Rückkehr einer «verlorenen Tochter» schliessen lässt.

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Sie hat sich in den letzten dreissig Jahren gänzlich der Entwicklung ihrer Malerei gewidmet. Die anscheinend spezifisch für die Ausstellung im akku – wozu eine feinfühlig gestaltete Publikation erscheint – entstandenen Arbeiten verbreiten eine starke Präsenz im Raum. Kräftige, feucht-glänzende und vor allem pastös aufgetragene Farben, in Flächen und Linien aneinander und übereinander gelegt, verteilen sich auf weiss grundierte Leinwände. Reliefartig erheben sich die einzelnen, punktuell gesetzten Farbfelder von den weissen Leerstellen. Die nicht übermalten Teile der Grundierung korrespondieren kontrastreich mit dem restlichen Bildinhalt. «Gekonnt orchestriert sie (die Künstlerin, Anm. d. R.) die Farbe, bearbeitet diese mit leidenschaftlicher Hingabe und versetzt somit den weissen Bildträger in Vibration», lässt sich aus dem Begleittext zur Ausstellung entnehmen. Phasenweise und nicht zuletzt dank der dichten Hängung, lässt sich diese Empfindung nachvollziehen. Pias Fries Bilderfolge zieht den Betrachter und die Betrachterin in einen mystischen Bann, der durchaus ein Gefühl von Schwerelosigkeit und Desorientierung mit sich zieht.

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Neben der erwähnten freien Farbmalerei gesellen sich figurative Siebdrucke, die sich auf kunsthistorische relevante Kupferstiche von Hendrick Goltzius (1558 – 1617) beziehen. Bei der Werkserie «Die Stürzenden» handelt es sich um muskulöse Darstellungen von menschlichen Gliedmassen, die von den vier mythologischen Figuren Tantalus, Ikarus, Phaethon und Ixion stammen. Die teils marginal übermalten, teils kaum ersichtlich übermalten Siebdrucke unterstützen, ja verstärken die Malereien in dynamischer wie kompositorischer Art und Weise. Das Zusammenspiel zwischen gemalter Abstraktion und gedruckter Figuration scheint Pia Fries in den letzten Jahren perfektioniert zu haben. Wir haben definitiv Lust auf mehr!

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Die Ausstellung von Pia Fries in der Kunstplattform akku in Emmenbrücke dauert noch bis am 18. Oktober 2015.