Ein nahezu perfekter Abend im Südpol

Ihr neues grossartiges Album liess die Erwartungen in die Höhe schnellen (siehe hier) – und so kam es, wie es kommen musste: Marygold legten im Südpol einen rundum exzellenten Auftritt hin. Da wurde eine Qualität geboten, die in den hiesigen Pop-Gefielden ihresgleichen wohl vergeblich sucht.

«Danke, wir sind Marygold», sagte Philipe Burrell und verschwand von der Bühne. Es waren die einzigen Worte des ganzen Konzertes. Doch was hätte er sagen sollen – es hätte nur stören können. Lieber liess er die Musik sprechen, und das war für einmal ganz richtig so. Und auch eine Zugabe liess er folgerichtig sein. Marygold rissen den respektabel gefüllten grossen Südpol-Saal während gut einer Stunde alleine mit Musik in ihren Bann – von Anfang bis Schluss. Es war ein perfekt orchestrierter Auftritt und sehr würdiger Anlass, ihre neuen Platte «My Bow, My Arrow, My Target» zu taufen. Zuweilen hatte man das Gefühl, der Saal komme mit den komplexen Soundstrukturen und der filigranen Elektronik nicht mehr ganz mit und schlucke und dämpfe die Intensität etwas. Ob's nur ein Gefühl war?

Der Sänger Philipe Burrell stellte sich in keinem Moment des Auftritts ins Zentrum des Geschehens und stand etwas schräg abseits auf der Bühne. Im Vordergrund war stets die Band, und diese demonstrierte Geschlossenheit und harmonierte präzise. Immer trieb Schlagzeuger Patrik Zosso die Songs zielsicher voran, Gitarre, Orgel und Bass ergänzten sich wunderbar und wechselten den Lead ab. Man musste die neuen Songs noch nicht kennen, um von Anfang an in sie einzutauchen und von ihnen mitgerissen zu werden.  Beeindruckend waren auch die Visuals auf der gigantisch grossen Leinwand hinter der Bühne, die zusammen mit dem bewegten Licht für ein stimmiges Ambiente sorgten. So zum Beispiel eine Fledermaus im Flug in extremer Zeitlupenaufnahme. Und immer wenn man sich etwas mehr Stimmgewalt von Burrell wünschte, war als Gast Thomas Büchi zur Stelle, um den nötigen Drive im Gesang beizusteuern. 

Diesen Marygold auf dem jetzigen Level ist noch Einiges zuzutrauen – und die Hoffnung auf den Durchbruch einer «unserer» Bands scheint wieder mal nicht mehr so abwegig wie auch schon. Bitte schön so weitermachen – dann muss das gut kommen mit Marygold. Eingeläutet hatten den Abend übrigens Martin Baumgartner mit Laptop und Christof Wolfisberg (Ohne Rolf). Dieser zählte von 2000 rückwärts bis null und Baumgartner sorgte nebenher für ein regelrechtes Donnerwetter im Saal. Da soll nochmal einer sagen, ein Laptop sei kein Instrument. Was Baumgartner da für Geräusche herbeizauberte, war beeindruckend und zusammen mit dem Rückwärtszählen ein hypnotisches, intensives Klangerlebnis.

Am Samstag geht die Marygold-Plattentaufe in die zweite Runde, diesmal mit den Gästen Anna Aaron und Bianca Story