«Die Neugier wächst von Tag zu Tag»

Nach über 30-jähriger Tätigkeit an der Hochschule Luzern – Musik sagt Marianne Doran ihrem Herzensprojekt Adieu. Und blickt zugleich auf neue Projekte. Denn spannend bleibt das Leben der Luzerner Musikmanagerin und langjährigen Jazzschule-Geschäftsleiterin auch zukünftig.

Aus dem Süsswinkel mit ein paar Zimmern zum Megabau auf dem Südpol-Kampus: Die Karriere von Marianne Doran ist schon bildlich eine der eindrücklichsten der Schweizer Musikszene. Nach über 30 Jahren in den verschiedensten Positionen geht Doran nun jedoch nicht in Pension. Nein, sie zieht weiter, denn die Energie geht ihr nicht aus: «Ich finde es nach wie vor super, Projekte zu realisieren», betont sie. Das Geheimnis zu dieser Power hat verschiedene Ursprünge.

Geboren und aufgewachsen in einem Haus am Luzerner Bramberg, wo sie bis heute mit ihrem Partner Christy Doran lebt, kam Doran bald zur Erkenntnis, dass sie ihren eigenen Weg gehen wollte. «Ich war eine Revoluzzerin und früh der Überzeugung, dass Bildung überall zu finden ist, nicht nur in der Schule», erinnert sie sich. Reisen in Südamerika und Asien lehrten sie beispielsweise, dass ein Projekt immer aus verschiedenen Sichtweisen funktionieren kann – es gibt nicht nur eine Lösung. Ihre Macherinnen-Ader konnte jedoch zunächst nur langsam keimen. Als junge Mutter von zwei Söhnen und mit kaum Geld zur Verfügung, stand zunächst die Familienarbeit im Vordergrund, zugleich kamen immer mehr Ausbildungen, Anstellungen und Mandate dazu. In frühen Jahren arbeitete sie etwa in einem Blumenladen, gründete eine der ersten Kitas in der Schweiz und war für ein Anwaltsbüro tätig. Bereiche, die auch wichtige Quellen für ihre Karriere als Managerin bildeten.

«Eine Jazzschule, die eigentlich niemand wollte und der niemand sonderlich freundschaftlich gesinnt war – da mussten wir alles selbst erarbeiten und aufbauen.»

Auf eine Jazzschule hat niemand gewartet
Diese kam nämlich 1990 ordentlich ins Rollen: Marianne Doran begann, die neue Berufsabteilung der 1972 gegründeten Jazzschule Luzern aufzubauen, zusammen mit deren Vorstand. Als Geschäftsführerin kümmerte sie sich um Management- sowie Bildungsthemen. «Wir haben Tag und Nacht gearbeitet», erinnert sie sich. Und das trotz Gegenwehr: Auf eine Schule, die Musik – insbesondere Jazz – als Beruf lehrt, hatten nämlich längst nicht alle gewartet.

Doran liess sich davon natürlich nicht einschüchtern, im Gegenteil: «Eine Jazzschule, die eigentlich niemand wollte und der niemand sonderlich freundschaftlich gesinnt war – da mussten wir alles selbst erarbeiten und aufbauen», äussert sie sich begeistert. Dabei ist die Luzernerin der festen Überzeugung, dass «eine Musik- oder Kunsthochschule am Puls der Zeit sein kann und Talente im besten Fall entdeckt sowie fördert». Schritt für Schritt professionalisierte sie das Gebilde, inklusive der bildungspolitischen Arbeit. Jährlich mussten etwa die Verträge mit den Förderstellen neu ausgehandelt werden, was – abhängig von der jeweiligen politischen Zusammensetzung – auch mal eine jähe Kürzung der Gelder bedeuten konnte.

Von Biolädeli und Tattoostudio zu Proberäumen und Übeboxen
Mit dem Antritt von Hämi Hämmerli endete 1994 die Suche nach einem geeigneten musikalischen Leiter. Als Co-Leitung bauten er und Doran die grösste Jazzschule der Schweiz auf. Neben dem Süsswinkel kamen Schritt für Schritt Räume im Graben hinzu, Biolädeli und Tattoo- studio wandelten sich dort zu Proberäumen und Übebox-Stationen. 1997 fanden zudem erstmals Konzerte in der schuleigenen Jazzkantine statt. Zusammengefasst wurde unter Marianne Doran die Jazzschule Luzern im Süsswinkel und im Graben auf mehrere Stockwerke ausgebaut, der Personalbestand von 30 auf 65 Angestellte erhöht und die monetären Mittel von 300 000 auf ganze 7 Millionen Franken erweitert. Immer wichtig für sie: «Ich gestalte gerne mit allen zusammen etwas und wollte nie als Chefin vorne stehen.»Nachdem die Jazzschule Luzern als offizielle Fachhochschule in den Verbund der Musikhochschulen und später in die Hochschule Luzern – Musik übergegangen war, übernahm die umtriebige Musikschaffende 2005 das neue Prorektorat und war fortan noch stärker für Bildungsinhalte zuständig. Unter ihr entstanden Lehrpläne, Workshops und Projektwochen. Zudem schrieb sie 2002 eine Arbeit zum Thema «Frauen im Jazz» und zeichnete für die ersten «Female Band Workshops» in Luzern verantwortlich: ein Bereich, der ihr bis heute wichtig ist und als Initialzündung für die Förderplattform Helvetiarockt gilt. 

Marianne Doran | 041 – Das Kulturmagazin

 Noch lange nicht Schluss
Strategisches Denken und Handeln, eine damit verbundene Umtriebigkeit, grosse Empathie sowie An- pack-Aktivismus gehören auch national zu Dorans Spezialitäten. Als Gründungspräsidentin der Direktorenkonferenz der Schweizer Jazzschulen, kurz DKSJ, brachte sie ab 1992 alle Jazzschulen der Schweiz an einen Tisch, um die Schweizer Jazzausbildung an allen relevanten Orten zu positionieren. Zudem engagierte sie sich in nationalen Berufsverbänden und sanierte etwa das marode Schweizer Musik Syndikat (SMS). Als einen ihrer grossen Meilensteine sieht Doran dessen Fusionierung mit zwei weiteren Verbänden zu SONART im Jahr 2017, unterdessen der wichtigste Musikverband der Schweizer Musik- schaffenden, welchen sie initiierte und bis 2020 präsidierte. Überdies sass sie in mehreren Vorständen, unter anderem der IG Kultur Luzern oder der Boa, einigen weiteren wie Other Music Luzern steht sie bis heute beratend zur Seite.

Wenngleich nach über 30 Jahren mit dem Weggang von der Musikhochschule eine Ära endet, ist bei Marianne Doran noch lange nicht Schluss. «Ich habe immer noch einen riesigen Gestaltungswillen», betont sie begeistert und fährt fort: «Meine Bereitschaft sowie mein Interesse, mich einzugeben, sind gross.» Deshalb wird sie sich als Kultur- und Bildungsmanagerin selbstständig machen, freut sich aber zugleich, mehr Zeit für weitere Leidenschaften zu haben: seien dies vermehrte Besuche von kulturellen Veranstaltungen, Familie und Freunde, aber auch Segeltörns, Berg- und Skitouren. Darüber steht ihre klare Message: Die Neugier wächst von Tag zu Tag.


Text: Stoph Ruckli
Bild: Wanja Manzardo

Der Beitrag erschien in der Septemberausgabe 09/2021 von 041 – Das Kulturmagazin.

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