Die Natur auf Abwegen

Stattkino, Luzern, 30.09.2019: Fünf verschiedene Kurzfilme zeigen den Klimawandel aus der subjektiven Perspektive von Kunstschaffenden. Der Zugang zum vielbesprochenen Thema ist erfrischend.

Bilder: Filmstills Cao Guimarães

Die jüngste Klimakonferenz steigt in Luzern. Doch anstatt dass sich Politiker*innen treffen, hat diesmal die Wissenschaft Kunstschaffende zur Debatte geladen. Fünf Filme zur subjektiven menschlichen Wahrnehmung der Natur werden an diesem Montag auf der Leinwand des Stattkinos gezeigt. Sie bilden den Anfang einer dreitägigen Tagung mit dem Titel «Nature, Culture and Perception. From the Amazon to the Alps”. Die Tagung beleuchtet den aktuellen Klimadiskurs aus einem neuen Blickwinkel, in dem die oft abstrakte und trockene Wissenschaft von der Kunst wiederbelebt werden soll.

Besonders die Filme des brasilianischen Regisseurs Cao Guimarães und der Schweizerin Laurence Favre hinterlassen einen bleibenden Eindruck. Guimarães Werk «Concerto para Clorofila» ist eine Ode an die Natur, eine Reise durch ihre intensiven Farben und Formen. In der Natur gibt es keine absolut geraden Linien – bis plötzlich zwischen den Blumen, Blätter und reflektierenden Gewässern ein Plattenboden erscheint. Die Klaviermusik verpasst dem ganzen einen träumerischen Anstrich. Ein gelungenes Spiel mit Gegensätzen.

Laurence Favres Film «Résistance» befasst sich mit dem rasanten Schwinden der Eisfläche des Aletschgletschers. Im Hintergrund ertönen tiefe, dumpfe Töne, wie Wasser, das auf verschiedene Materialien tropft. Durch die langsamen Szenenwechsel kommt die Kälte der Landschaft in starker Weise zur Geltung.

Weniger überzeugend ist dagegen «Fôrdlandia» von Melanie Smith. Die gleichnamige Ortschaft im brasilianischen Amazonas ist Schauplatz des gescheiterten Projekts von Henry Ford, der Anfang des letzten Jahrhunderts versucht hatte, dort eine Kautschukplantage zu errichten. Mit einer halben Stunde ist Smiths Film mit Abstand der längste, doch weniger ist an diesem Abend mehr. Interessant ist zwar, wie die Natur langsam das Gebiet zurückerobert, doch die vielen Aufnahmen von passiven Menschen sorgen für überflüssige Längen in der Dramaturgie.

Die Filme verarbeiten als Kunstwerke verschiedene subjektive Naturwahrnehmungen. Im Anschluss an die Vorstellung wird mit den Filmschaffenden darüber diskutiert. Dr. Boris Previšić von der Universität Luzern und Kurator Bruno Z’Graggen versuchen, durch eine Verbindung von Kunst und Wissenschaft das Problem Klimawandel aus einer neuen Perspektive zu betrachten. Dieser neue, künstlerische Blickwinkel ist erfrischend in der so präsenten Debatte ums Klima.

Natur – Zwischen Sehnsucht und Wirklichkeit
Bis SO 24. November
Haus für Kunst Uri, Altdorf

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