Arno Camenisch: Mit Charme und Musik

Neubad Luzern, 8.9.2020: Berührende Alltagsgeschichten zweier Protagonistinnen aus dem kleinen Bündner Dorf Tavanasa. Arno Camenisch lädt ein in seine heile Welt – frisch und berührend.

Titelfoto: Janosch Abel

Ein schwarzes Hemd in fast zu tiefsitzende Jeans gesteckt, eine verstrubbelte Gelfrisur und Converse-Sneakers: Schriftsteller Arno Camenisch lud am Dienstagabend verträumt, humor- und liebevoll in seine Welt ein. Im Luzerner Neubad erzählte er in seinem unüberhörbaren Bündnerdialekt Geschichten aus seinem Heimatdorf Tavanasa, wo sein Herz schlägt und seine Wurzeln liegen.

«Da geht einem grad das Herz auf, wenn wir am Morgen die gelbe Leuchtreklame einschalten.»

Arno Camenisch: Goldene Jahre

Mit leuchtenden Augen, verschmitztem Lächeln und seiner gewinnenden Ausstrahlung bringt Camenisch das Publikum zum Schmunzeln. «Goldene Jahre», Schweizer Bestseller und für den diesjährigen deutschen Buchpreis nominiert, verzaubert die Herzen der Lesenden. Margrit und Rosa-Maria, die beiden Protagonistinnen, gewähren auf eine witzige und stolze Art einen Einblick in ihre heile Welt. Dem stetigen Wandel ausgesetzt, beobachten die beiden die Welt mit Gelassenheit und Ruhe. Der Kiosk fungiert als Zentrale, während 50 Jahren blicken sie aus dessen Geborgenheit, dem Kern der Ortschaft, hinaus auf das Geschehen draussen.

Musik und Melancholie

«Da geht einem grad das Herz auf, wenn wir am Morgen die gelbe Leuchtreklame einschalten, in aller Herrgottsfrühe, wenn noch die letzten Sterne am Himmel sind. Sobald das Licht auf dem Dach angeht, geht auch das Leben im Dorf an, das ist wie der Hauptschalter.»

Folkige Blues-Akkorde füllen den Raum und verzieren Camenischs Worte. Roman Nowka, Multi-Instrumentalist, Komponist, Sänger und Produzent, begleitet die Lesung mit halligem E-Gitarren-Sound und gibt dem Publikum die Möglichkeit einen kurzen Moment abzuschweifen und in den Erinnerungen von Margrit und Rosa-Maria mitzuschwelgen.

Arno Camenisch
Foto: Janosch Abel

Obwohl das Buch die Zeit des Aufbruchs beschreibt, ist der Raum mit einer melancholischen Stimmung gefüllt, sodass es einem fast wehmütig ums Herz wird. Auch wenn immer wieder gesellschaftskritische Bemerkungen im Buch fallen, stehen die Leichtigkeit, die Fröhlichkeit, Ruhe und Gelassenheit, mit welcher die beiden Protagonistinnen Erlebtes erzählen, im Vordergrund. «Das hat eine gewisse Frische. Dieses Gefühl hatte ich auch beim Schreiben», erzählt Camenisch.

Da könnte man sich eine glatte Scheibe von Margrit und Rosa-Maria abschneiden und etwas rosiger auf die Welt blicken. Mit etwas mehr Liebe und Gelassenheit in den Alltag gehen und sich an kleinen Sachen erfreuen.

So endet die Lesung, erfüllend war sie, witzig und berührend zugleich. Camenisch verzaubert die Zuhörer*innen mit seinen zwei einfachen Protagonistinnen. Manchmal ist eben weniger mehr.