Fliegende Cremeschnitten

Kleintheater Luzern, Mittwoch, 9.12.2015: Manuel Stahlberger ist wieder da. Mitgebracht hat er sein neues Programm «Neues aus dem Kopf» mit Liedern und vielen Bildern. Gratis dazu gibt’s einen Zeichenkurs, Jassgeschichten inkl. Musical und etliches mehr. Absonderlich gut. Nicht verpassen.

Es ist hier eigentlich, wenn nicht alles, so doch schon vieles gesagt, hier zum Beispiel, oder hier und aber auch hier. Manuel Stahlberger ist nicht mit Band zugange, sondern im neuen Soloprogramm aktiv. «Aktiv» heisst hier zum Beispiel auch: Stahlberger tanzt. Gleich früh in «Neues aus dem Kopf» bewegt sich Herr Stahlberger im rauchigen Stroboskop-Licht zu Technosound. Da frage man sich: «Was söll daa? Isch das viellech Kunscht?» Genau. Mit im Gepäck ist ein Strauss neuer Lieder in bewährtem Ton, so vertrackt-traurig-komisch-melancholisch. Reimtechnisch findet er etwa zum gewagten Gleichklang von «change» und «Mensch». Eine Wiederbegegnung nach Jahrzehnten von Schulgspänli beim Graphic-Design-Symposium in Bad-Gastein ist Thema, Herr Lüthi malt im Keller Bilder mit eigenem Blut, die Band Haslifüchs hatte mal in den 1990ern einen Hit «Gäng Bäng im Usgäng», den kein Schwein mehr kennt, man kommt sich näher und alle sind gleich «im Stau», oder was so alles passiert bei den letzten gemeinsamen «Familieferie in Schwede (oder in Finnland)», und einer wird Eremit – Stahlbergers Song-Universum gewinnt dem (helvetischen) Alltag das Groteske ab, kippt gerne ins Surreal-Absurde. Recht so. Gespielt wird auf der Westerngitarre, am Keyboard oder gar freihändig zu laufenden Sounds oder ausnahmsweise a cappella. Dann die Visuals. Eigentlich wollte er gar nie Liedermacher werden, Zeichnen sei ja sein Ding, gesteht er. Bildnerischer Hauptstrang im neuen Programm ist ein Eso-Brutalo-Game als good old Tonbildschau, wo es von Level zu Level inkarnationsmässig vorwärts (oder: aufwärts) geht, man an sog. «Destiny Points» Entscheidungen treffen muss, um Punkte zu sammeln (oder zu verlieren). «Crystal Tunnel» heisst diese Neuerung von Chefgameprogrammierer Stahlbergers Gnaden, bereits eingeführt im eröffnenden Lied, in dem vom «Kristalltunnel» schon die Rede ist. Auch dies gibt’s: Einen Zeichenlernkurs, didaktisch geschickt und pädagogisch wertvoll. Stahlberger lehrt, wie man das Blatt füllt, dabei nie zwei Sonnen zeichnen solle, wie schön ornamental man «Chemi» (Kamine) in eine Komposition rücken kann, die Blumen nicht zu vergessen, das Haus ganz am Anfang und Selbergedrehte. Man kann zeichnend jammen und es zu gewisser Meisterschaft bringen. Heimliche Helden sind die selbergedrehten fliegenden Cremeschnitten (die grössten gibt es übrigens in der Raststätte Kölliken-Nord). Auch visuell: Heraldik aka Wappenkunde. Da hat Herr Stahlberger Gelegenheit, abstrus flunkernd unter anderen ein Wappen namens «Sparschälerberger» zu präsentieren. Wieder einmal nimmt Manuel Stahlberger sich die Jasskarten vor, diesmal für ein ausgewachsenes Musical. Umwerfend komisch im Fall. Es gibt Raucher und Nichtraucher und vier Heilige aus dem Morgenland beim Krippenspiel im Jassgewand. Überhaupt gilt wieder mal als definitive Devise: Hingehen!

Manuel Stahlberger: Neues aus dem Kopf; Kleintheater Luzern, 11./12. Dezember, 20.00