Wunschlos glücklich?

Kleintheater Luzern, 5.12. 2013: Die zweite Philosophische Zweierkiste dieser Saison ging im Kleintheater Luzern über die Bühne. Bei Roland Neyerlin war der aus Wien stammende Historiker Valentin Gröbner zu Gast. Gröbner, der seit 2004 an der Universität Luzern lehrt, wählte als Gesprächsthema: Wünsch dir was – aber das Richtige!

(Von Lorenz Hegi)

Die Veranstaltung Philosophische Zweierkiste geht dieses Jahr bereits in die vierte Saison. Sie ist geprägt vom Philosophen Roland Neyerlin, der jeweils viermal pro Saison einen Gast einlädt, der auch das zu diskutierende Thema selbst bestimmt. Während knappen zwei Stunden wird philosophiert und diskutiert, wobei nach 90 Minuten die Runde bzw. die (Zweier-) Kiste für Fragen und Anregungen aus dem Publikum geöffnet wird. Das Anliegen von Roland Neyerlin, philosophische Diskussionen in eine Öffentlichkeit zu tragen, wird also auch in dieser Form erprobt. Zu erwähnen ist, dass Neyerlin auch andere Formate testete, so beispielsweise im November 2009 und 2010 mit dem „Philosoph im Schaufenster“, als er sich hinter das Schaufenster der IG Kultur setzte und philosophische Gespräche ohne Voranmeldung anbot (Berichte auf kulturteil.ch). Im Setting, wie es Neyerlin im Kleintheater handhabt, soll nebst dem Gespräch mit dem Gast auch das gemeinsame Denken im Zentrum stehen. Und dies war durchaus möglich an diesem Donnerstagabend, zumindest das Mitdenken. Denn das Gespräch entwickelte und entfaltete sich in einem angenehmen Tempo und es wurde auch nicht ein grosses Vorwissen vorausgesetzt, sodass ein gedankliches Mitverfolgen durchaus möglich war. Wie das von Gröbner gewählte Thema „Wünsch dir was – aber das Richtige!“ vorausschickte, wurde der Begriff „Wunsch“ in seinen verschiedenen Facetten erläutert und untersucht. Dabei blieben die zwei Protagonisten häufig sehr persönlich und machten erstaunlich wenige Exkurse in wissenschaftliche Bereiche wie beispielsweise Werbepsychologie, wenn dann nur in Ansätzen. Auch sein historisches Wissen liess Gröbner nur zwischendurch aufblitzen. Über Moral (wünsch dir das Richtige! – was ist denn das Richtige?) wurde ebenfalls weniger diskutiert. Im Zentrum standen der Begriff Wunsch, also welche Formen von Wünschen es geben kann, und der persönliche Bezug dazu sowie mögliche Umgangsformen damit. Gröbner erwies sich als präzis denkender und sprechender Gesprächsgast, der auch eine Prise Humor nicht vermissen liess und sich gut auch selber in gedanklicher Bewegung halten konnte. Neyerlin nahm sich, abgesehen von einleitenden Gedanken und Ausführungen am Anfang und abschliessenden Worten gegen Ende, eher zurück und begnügte sich mehrheitlich mit Zwischenbemerkungen. In der zweiten Hälfte des Gespräches wurde unser Umgang mit Weihnachten thematisiert (dass das Gespräch mit diesem Thema genau in die Vorweihnachtszeit fiel sei Zufall gewesen) und von Gröbner ein durchaus interessantes gedankliches Experiment vorgeschlagen: Was würde geschehen, wenn man sich in einer Familie auf eine bestimmte Gestaltungsweise eines Weihnachtsabends einigen würde, so wie man sich diesen Abend gemeinsam wünscht. Falls sich nun der Abend dann auch wirklich so ereignet, wie man sich ihn erwünscht hat, könnte man sich doch anschliessend darauf festlegen, da dieser Wunsch nun ja erfüllt sei, dass man sich für nächstes Jahr keine Gedanken oder Sorgen mehr machen und im Extremfall Weihnachten gar nicht mehr feiern müsste? Es ist zu vermuten, dass diese Idee ein Gedankenspiel bleiben wird. An das Beispiel der Weihnachtsfeier im familiären Rahmen geknüpfte formulierte Gröbner zusätzlich die These, dass es Wünsche gäbe, bei denen die eigene Durchkreuzung der Wunscherfüllung Teil des Wunsches sei. Eine nicht ganz harmlose Vorstellung. So klärten und verunklärten Neyerlin und Gröbner den Begriff „Wunsch“ während ca. 90 Minuten, wobei schliesslich ein Gewinn an eigenen Denkmöglichkeiten zu diesem Phänomen „sich etwas wünschen“ resultierte und man einem unterhaltsamen und angenehmen Gespräch beiwohnen konnte. Wenn man allerdings vom ambitionierten Anspruch „gemeinsam“ – nicht nur zu zweit, sondern in einer Gruppe – zu denken ausgeht, wäre die Gesprächsanlage noch ausbaufähig, da die Besucher in dieser Situation verständlicherweise mehrheitlich Zuhörende und somit lediglich Mitdenkende bleiben, was dem Anspruch nicht gänzlich gerecht wird. Dass die Zweierkiste gemeinsam denkt, ist hingegen zu spüren.

Die weiteren Veranstaltungen dieser Reihe: 30.01.14, 20 Uhr, Li Hangartner; 02.05.14, 20 Uhr, Patricia Purtschert.