Warten auf den Meister

Gestern feierte «Der Meister und Max» von Marcel Derek Ramsay im Stattkino seine Luzerner Premiere. Der Kompilationsfilm ist eine Hommage an das Filmschaffen von Clemens Klopfenstein und macht als Zeitdokument Lust darauf, die Kultfilme neu zu entdecken.

Clemens Klopfenstein dürfte einer jüngeren Generation nicht unbedingt ein (filmischer) Begriff sein. Am ehesten scheint irgendwo dumpf «Das Schweigen der Männer» anzuklingen. War das nicht der Film mit dem herumwandernden Polo Hofer? Ja, genau. In Erinnerung bleibt dann aber doch eher der Titel.

Klopfensteins Werk – und daraus speist sich «Der Meister und Max» – spannt sich von den 70ern bis heute. Der Künstler und Altmeister realisierte insbesondere in den 80ern und 90ern zahlreiche «cinéma copain»-Filme. Das heisst, minimale Mittel, kaum Budget, Handkamera und die immer wiederkehrenden gleichen «Copains». Neben Polo Hofer und Christine Lauterburg ist das, deshalb der Titel, Max Rüdlinger.

«In der einen Hand die Kamera, in der anderen Weisswein»

Entstanden sind so oft episodenhafte, teils experimentelle, roh anmutende Werke. Drehbücher gab es oft keine, Dialoge waren improvisiert und Regieanweisungen fehlten. Kollegial ging es auch beim Dreh zu: «Klopfenstein hatte in der einen Hand die Kamera, in der anderen sein Weissweinglas», so Rüdlinger gegenüber dem Tagesanzeiger. Und entsprechend halbdokumentarisch sind denn auch die Geschichten und die darin agierenden Protagonisten. Max Rüdlinger spielt meistens sein Alter-Ego, er und Christine Lauterburg waren auch im echten Leben ein Paar.

DER MEISTER UND MAX, Marcel Derek Ramsay 2015

Verdichtetes Warten

Dieses Oeuvre hat Marcel Derek Ramsay (zusammen mit Michèle Wannaz) nun zu einem Kompilationsfilm verarbeitet. «Der Meister und Max» besteht ausschliesslich aus Material von Klopfensteins Filmen. Durch Neuordnung einzelner Szenen und Sequenzen wird, sozusagen, ein neuer Film zusammengesetzt. Found-Footage wird diese Technik genannt. Was man sonst eher aus dem dokumentarischen Bereich kennt, fällt im Spielfilm aufgrund der erzählerischen Strukturen schwieriger.

Doch Klopfensteins Werk scheint sich für dieses Experiment anzubieten. Rudimentäre Erzählungen und Wiederholungen sind darin angelegt. Geschickt nutzt Ramsay diese Grundlage zu einer thematischen und ästhetischen Verdichtung. Eingerahmt wird «Der Meister und Max» durch eine fiktive Erzählung, in welcher der Meister (Klopfenstein) in einer Schaffenskrise steckt und so die Filmfiguren (im Zentrum Max, daneben Polo und Christine) in ihren eigenen Filmen gefangen sind. Es beginnt eine wiederum halbdokumentarisch anmutende Suche von Max nach dem Meister, die durch die Absurdität des Kompilationsfilms eine existentielle Dimension erhält: Warten, Langeweile, Rausch, Beziehungen. In Endlosschleife.  

DER MEISTER UND MAX, Marcel Derek Ramsay 2015

Entstanden ist so ein sphärisches Werk mit herausragenden Momenten. Allein schon die Körnung des Filmmaterials und die Schweiz der 80er-Jahre machen Lust, die Filme Klopfensteins neu zu entdecken. Und verweisen, als Zeitdokument, auf einstmals andere Ansätze des Schweizer Filmschaffens.

Zu sehen noch am 9. April, um 16.15 Uhr im Stattkino Luzern.