Unser Gepäck

Theaterpavillon Luzern, 03.03.2015: «roswitha in soffita». Ein poetisches Bewegungstheater der Mimin und Schauspielerin Selma Roth über unsere Beziehung zu Erinnerungen.

Summen hilft Wir alle tragen unsere Erinnerungen mit uns. Lieben und hassen sie, verhätscheln sie, krümmen den Rücken unter ihnen und lassen sie doch nicht los. Sie gehören so selbstverständlich zu uns, dass wir sie viel zu selten hinterfragen. Wenn Selma Roth dann ein ganzes Stück über Erinnerungen erschafft, anhand von 10 Koffern unser ambivalentes Verhältnis zu ihnen aufzeigt, auf eine ganz poetisch sachte Art und Weise – dann können auch wir uns diesem Thema annähern. Da gibt es Koffer, in denen will sie sich verkriechen, es gibt jene, die sie nicht mal anfassen möchte, manche verführen zum Tanzen, sie reizt das ganze Spektrum aus. Sie beginnt witzig – ein Mädchen in veralteten Klamotten, das versucht, ihre staubigen Koffer alle gemeinsam zu tragen – und dabei unbeholfen scheitert. Ganz langsam führt sie dann das gesamte lachende Publikum an der Hand in die dunkleren Gefilde unserer Vergangenheit, und wir folgen ihr bereitwillig und verzaubert. Summen hilft nämlich, immer wenn’s schwierig wird, und wenn sie auch nie spricht, so summt sie für uns alle, wenn’s ein bisschen dunkler wird. Die Figur ist wie ein kleines Mädchen, mit neurotischen Macken, das sich im Angesicht des Lebens tollpatschig anstellt und so lieber in der Vergangenheit bleibt – wunderbar, wie wir dabei auch immer über uns selbst gelacht haben, der Wiedererkennungswert war gross. Musik auch Die Physical-Theater-Studentin der Scuola Theatro Dimitri arbeitet sehr gekonnt und präzise – und doch wirkt alles leicht und verträumt. Nicht zuletzt liegt das an der Musik- und Geräuschkulisse (Alex Judd). Das Spiel ist damit so gut verwoben, dass es zusammenfliesst ohne zu exakt und versteift zu wirken. Genau wie die Bewegungsabläufe ist das gesamte Arrangement leicht, witzig und menschlich, nie zu ungenau, nie zu perfekt. Alles ist reduziert: kein Bühnenbild, nur das Minimum an Lichttechnik, nur die Koffer und das Mädchen ohne Stimme. Und trotzdem sind wir nie verloren oder haltlos, die Dramaturgie führt uns zielsicher und vorsichtig durch das Stück. Und wenn Selma Roth am Ende verkündet, dass dieses Stück unter «supplement subtile» läuft und man von ihnen dann bestimmt auch noch mehr solche Produktionen sehen wird – dann freue ich mich sehr. Mehr so peotische und feinfühlige Stücke können der Bühnenlandschaft nur gut tun.  

Weitere Aufführungen: FR 8. Mai, 20 Uhr, Egolzwil Gemeindezentrum. Mehr Informationen: subtile.ch