Tunica Dartos taufen oder «Wer war noch gleich Thomas Pridgen?»

«Es isch huere geil gsi.» Dieser eine Satz beschreibt die Plattentaufe von Tunica Dartos perfekt. Aber es gibt ja noch sowas wie den schreiberischen Anspruch.

Also gilt es, noch ein paar Zeilen zu verlieren. Eigentlich überflüssig, aber als Musikfanatiker kann man sich immer ein paar Sätzchen aus den Fingern ziehen. Wobei hier mit viel Leidenschaft gezogen wird. Im Ernst: Es schockiert mich zu wissen, dass ich diese Band trotz ihres langen Bestehens noch nie in Aktion gesehen habe. Ebenso still und unauffällig, wie sich Tunica Dartos als Personen inzwischen in der Musikszene bewegen, war denn auch der animierende Aspekt dieser Plattentaufe: Inoffizielle Begrüssung, offizielle Begrüssung, Danksagung, Tschüss zäme.

Doch, heiliges Kanonenrohr und hunderttausend Höllenhunde, umso brachialer und fantastischer waren die musikalischen Einlagen an jenem Abend. Da wäre zuerst einmal das ungemein groovende Bass-Fundament, gemischt mit Keys-Spuren von Christoph Stutz, über die sich die nicht minder rhythmischen und stimulierenden Gitarrenriffs von Roman Krasniqi legten. Schon früher wurde geschrieben, Tunica Dartos müssen den Vergleich mit internationalen Vertretern aus dem Post- und Math-Rock-Sektor nicht scheuen. Dem kann man zustimmen, aber in der immer noch vorhandenen Euphorie wage ich gar zu sagen, dass Tunica Dartos live wohl zur absoluten Spitze gehören. Denn dieser eine Faktor, der jene Aussage zu fundieren versucht, sitzt beim Luzerner Trio auf dem Schlagzeughocker: Etienne Reneveys Trommelorgasmen waren Weltklasse. Ein Exkurs, um einen angemessenen Vergleich zu demonstrieren: Im letzten November war der Superdrummer Thomas Pridgen (Ex-Mars-Volta) zu Besuch in Luzern. Ein Tier, ohne Frage. Doch was Renevey am gestrigen Samstag bot, liess einen nicht ganz unbekannten Programmchef und Stadionsprecher zu folgender Frage hinreissen: «Wer war noch gleich Thomas Pridgen?» Und selbst erfahrene Veteranen aus dem Drum-Geschäft nickten nur ungläubig angesichts des reneveyischen Donnerfeuerwerks. Doch wie reagierte die restliche Audienz? Das Schüür-Volk füllte ungefähr die Hälfte des oberen Stocks, tanzte und/oder schien einfach nur verblüfft/euphorisiert/überfordert (jedem das seine) zu sein.

Dieser Abend markierte auf jeden Fall ein Stück Konzertgeschichte – zumindest musikalisch. An ihren Entertainer-Qualitäten dürfen Tunica Dartos gerne noch ein wenig feilen. Aber wer braucht das schon, unterhält eigentlich doch ihr Bandname schon zur Genüge.