OHNEWITZ (D-14728): ALLENZ (D-56727) NURN (D-96349) ORTH (A-2304)

Im Ernst! Die zwei Zuger Autoren Judith Stadlin & Michael van Orsouw (Satz&Pfeffer) erzählten gestern in der Loge Epsioden und Geschichten, die ausnahmslos aus Städte-, Dörfer- und Weilernamen aus der Schweiz, Deutschland und Österreich bestanden. Was in der Theorie abschreckend sperrig klingen kann, war live bloss famos und grandios. Amüsante, intelligente Unterhaltung, die zuweilen klang, als ob sich ne Hong-Kong-Chinesin am Niederösterreichischen vergreifen würde, die zeigte, wie dehnbar Sprache ist...

Die Frage, wie man auf solch eine absurde Idee kommt, Geschichten mit Ortsnamen zu schreiben, wird gleich am Anfang beantwortet. Schuld an allem sind – einmal mehr – die Kinder. So fuhr man nach erholsamen Urlaubstagen durch halb Deutschland zurück in die Schweiz und was passierte dabei? Es wurde gequengelt, gejammert und sich gelangweilt auf dem Rücksitz. Auf einmal wurde die Jungschar jedoch aufmerksam auf Ortstafeln mit seltsamen Namen. Wie zum Beispiel – was schon wieder? – irgend so ein Loch war dabei. Scheissloch? Bösloch? Hölloch? Irgenwann kam «Afrika», später «Oberneger» und man begann sich zu fragen, ob man denn tatsächlich auf dem rechten Highway fuhr. Die Storys wurden jedoch nicht bloss verlesen, sondern aktiv präsentiert, gespielt mit passenen Requisiten, die dem Gesamtkunstwerk eine weitere komische Facette gaben. So paffte Judith Stadlin – in der ansonsten rauchfreien Loge – zum ersten Mal. Es wurden Picknicks veranstaltet oder Müll auf den Boden geworfen und das alles mit der passenden Mimik, denn schliesslich hatte man es – zumindest zur Hälfte – mit ausgebildetem Schauspielpersonal zu tun. Mal poetisch, mal obszön, immer jedoch höchst köstlich, clever und – vor allem – kurzweilig, chauffierten Satz&Pfeffer das zahlreich erschiene und merklich begeisterte Publikum durch ihr Programm. Am Ende hatte gar noch Marcel Reich-Ranicki einen kurzen Gastauftritt, wenn leider auch nur in Foto und Ton, bevor das Duo unter anhaltendem Applaus die Bühne verliess. Dass gar der Schweizer Literaturdinosaurier Peter Bichsel der Inhalt des dazugehörigen und hier erwerbbaren Buches als «sehr schöne Texte» bezeichnete, imponiert mir noch beinahe mehr, als der Erfolg der Städte-Rallye in Berlin. Die beiden sind, zusammen mit andern, am MI 4. November 2009, um 20 Uhr erneut in der Loge zu Gast. Es wird zum ersten Mal das «Freie Komma Kollektiv» auftreten und die erste Luzerner Lesebühne einweihen.