Möge die Macht mit ihm sein!

Kleintheater, 11.12.2013: Politik, Sprachzerfall, Dummheit und nötiger Zorn: Georg Schramm ist noch einmal in Luzern, leider auf Abschiedstournee. In «Meister Yodas Ende» zeigt der abtretende grosse deutsche Kabarettist gesellschaftlich-politische Abirrungen auf und den Herrschenden, was eine Harke ist.

Er lässt es noch einmal krachen vor der Zielgerade. Das gilt für Georg Schramm, das gilt für seine Bühnenfigur Lothar Dombrowski, den Kriegsversehrten mit dem schwarzen Handschuh. Wir nehmen Teil an einem Monatstreffen der Seniorenselbsthilfegruppe, die er in einen Verein überführen möchte als Vorsitzender. Sein Plan: Die Gründung eines Seniorenkampfkommandos. Es wird ein langer und intensiver Kabarettabend voller Zorn und mit viel Klartext. Eine Kabarettfigur kann es sich erlauben, den in Deutschland bankenmässig wütenden Jo Ackermann als Sauhund zu bezeichnen, andere als Deppen und Arschlöcher Als Gastreferent geladen ist, zweite Paraderolle des 64-Jährigen, Oberstleutnant Sanftleben, der gnadenlos kalt und technokratisch mit Fachbegriffen operiert in seinem Vortrag mit dem Titel «Blutvergiessen, wozu?» Wir lernen unter anderem: Es gibt «Fremdblut» und «Eigenblut», wobei das eine dem andern vorzuziehen ist, und ja, es gibt in der Kriegslogik bekanntlich ein «sinnvolles Blutvergiessen». Beneidenswert ist in diesem Zusammenhang der Schweizer Weg: «Wir liefern die Waffen, kämpfen aber selber nicht mit.» Drin im Geschäft, aber ansonsten fein raus. Als Nebenfigur, mit dialektalem Einschlag sprechend, kommt wiederholt auch der hasenherzige Sozialdemokrat August an die Reihe. Ein dramaturgisch reizvoller Perspektivenwechsel. Dombrowski kommt an der Versammlung dann selber in einem Ko-Referat zu Wort. «Über  die Bedeutung des Zorns im Allgemeinen und im Besonderen» ist eine grosse, eben zornige Rede, die sich gegen den Begriff des «Wutbürgers» wendet. Man müssste aufs Ganze gehen. Aufs Politische. Es ginge ja darum, qua Kabarett den Mächtigen und Herrschenden nicht einfach genau auf die Finger zu gucken, sondern jenen auf diese zu hauen. Und zwar tüchtig. Schramm tut es wie kein Zweiter. Und er kann es. Nach der Pause kommt der Oberstleutnant noch einmal. Leicht beschwipst, mit schwerer Zunge, hält er ein Spontan-Referat zu Testosteron im Laufe der Evolution (Menscheitsgeschichte).

Dann wieder Dombrowski. Einen Jungen habe er mal an Meister Yoda aus «Star Wars» erinnert, am Ende wenig schmeichelhaft, denn der kleine grüne Giftzwerg spreche ja so seltsam, in einem fehlerhaften Deutsch «wie ein schlesischer Spätheimkehrer». Worum es geht: Mit der Kraft der Sprache gegen das Böse anzutreten und Gutes zu bewirken. Ob es mit den Mitteln des Kabaretts gelingt? Draussen in der Wirklichkeit müsste man den Kampf führen, gegen die Herrschaftssprache, die Dummheit (Stichwort «Talkshows»), gegen die grassierende Habgier. Vernunft und die Ideale der Aufklärung hochhalten. Vor allem aber: zur Tat schreiten. Dombrowski tut es pyrotechnisch. Jetzt, wo Dieter Hildebrandt nicht mehr ist, wäre noch Georg Schramm. Doch der hört auf. Sein «Meister Yodas Ende» hat er zu seinem letzten Soloprogramm erklärt. Bis Ende 2013 noch spielt er es. Also nicht mehr lange. Luzern ist die zweitletzte Station. Dann ist nach 25 Jahren schärfsten Politkabaretts leider Schluss. Wer im Kleintheater sitzt, wohnt so einem historischen Anlass bei. Statt einer Zugabe, es ist schon 23 Uhr, kommt Georg Schramm am Ende der ausverkauften Vorstellung auf die lobenswerte «1:12»-Initiative zu sprechen: Das sei den Schweizern hoch anzurechnen, und, keine Angst, die Sache besitze Nachhaltigkeit, nur Geduld. Möge die Macht mit ihm sein!

Georg Schramm: Meister Yodas Ende. Über die Zweckentfremdung der Demenz. Letzte Vorstellung im Kleintheater Luzern: Donnerstag, 12.12., 20 Uhr.