Isch das de ke Politik?

Nein ist es nicht. Es ist mutlos und auf eine weinerliche Art wehleidig. «Schwingt freudig euch empor», der Liederabend des Schauspielensembles des Luzerner Theaters. Ich schreibe das ungern, aber das Interessanteste am Stück ist das Heft dazu mit Infos zur Geschichte und allfälligen Zukunft des Hauses. Dies trotz starken neuen und bewährten Schauspielerinnen und Schauspielern mit (meist!) goldenen Kehlen.

(Bild: Ingo Höhn)

Was kommt raus, wenn sich ein Stadttheater, eingequetscht zwischen den Vorwürfen der Freien Szene, teuer, schwerfällig und verschnarcht zu sein auf der einen, sowie der Diskussion um seine Existenzberechtigung neben oder in der sich schleichend materialisierenden Salle modulable auf der anderen Seite, politisch aktuell und musikalisch geben will? Schon der Titel «Schwingt freudig euch empor» (aus einer Bach-Advendskantate entliehen) und die Ankündigung, das Ensemble werde Marx tanzen, Freud sprechen, und Bach singen, verheissen: im Westen nichts neues. Ausser dass – wie an einer Salle-modulable-Diskussion als Möglichkeit des neuen Tempels bemerkt – das Publikum auf der zur Tribüne umfunktionierten Bühne sitzt und die Schauspieler im Zuschauerraum. Eine körperlose Stimme aus dem Off macht Durchsagen. Die Akteure sitzen demnach in einem Gefährt, das nicht durch reales Territorium, sondern durch die gegenwärtigen und zukünftigen Kulturentwürfe einer Gesellschaft brettern. Die sind zuweilen ja auch originell, doch als Leitmotive taugen sie ebenso wenig wie die Versuche, über die «Musikstadt Luzern» (Musikstadt mit L und sechs Buchstaben? Nach langem Raten: London. Oder: Ein Mann wirft Geld vom Balkon – Die Realität ist da diesem Alten-Damen-Bild um Jahre voraus. Seit Marc Rich eine Million Franken ans KKL spendete und der Stadtrat dafür ein Begnadigungsgesuch an die USA unterzeichnete). Und noch was: Für das, was ihr mit Tom Waits' «Time» anstelltet, gehört ihr exkommuniziert! Jammerschade an diesem Debakel aus banalen Texten (eine politische Absicht wäre ja scheints dagewesen) und Inszenierung ist halt, dass da alles versierte Schauspielerinnen und Schauspieler ihr Bestes gaben und dies wirklich gut, teilweise gar fantastisch war. Jörg Dathe, wie er, sich mit einem Lumpen waschend, «Die Loreley» sang. Samuel Zumbühl (momentan auch zu sehen in: Schwimmen wie Hunde), wie er als totaler Nerd «Nothing Compares to You» aus sich rausquetschte, mit schrecklichem Akzent, der die Einfältigkeit des Texts unterstrich. Bettina Riebesel, die als Kommunistenbraut Rio Reiers «Die letzte Schlacht gewinnen wir» interpretierte (Gänsehaut!!!), neben einem simulierten Sarg mit Grablichtern. Schöner kann man den momentanen Zustand des Luzerner Theaters nicht inszenieren. Aber das war wohl unfreiwillig.