«Herr König, im Esel steckt ein Prinz!»

Theater avant la lettre ist die Platzzuweisung beim Figurentheater «Das Eselein». Unter der Regie von Claude Kuijer, der Leiterin Figurentheater des Luzerner Theaters, findet jedes Kind den richtigen Platz. Eingeteilt werden die Kleinen – das Figurenspiel möchte bereits die Vierjährigen verzaubern – in die Kategorien Zuschauen mit, bzw. ohne Eltern. Die Kleinsten nach vorne, die Mittleren in die Mitte und die Grossen nach hinten, diese Kategorien sind bekanntlich fliessend, so dauert die Findung seine Zeit. Weiter kein Problem: In dieser Welt spielt die Zeit als Wacher und Mahner noch keine Hauptrolle. So entsteht hier für einmal Kultur nicht mit dem «Zusammentreffen von Kreditkarte und Parkettlogensitz» (Ursula Pia Jauch), nein fürwahr, da wird gesungen und gespielt, wie es beliebt.

Der Plot des Grimmschen Märchens von 1857 ist schnell erzählt: Begütertes, aber kinderloses Prinzenpaar wünscht sich seit langem ein Kind. Der Wunsch bleibt ohne Erfüllung. So lässt sich die Prinzessin zur Aussage hinreissen, «ich bin wie ein Acker, auf dem nichts wächst». Es kommt, wie es kommen muss, die Frau von edlem Stand bringt einen Esel auf die Welt. Gottesfürchtig, wie die beiden Aristokraten sind, akzeptieren sie das Eselein und ziehen es auf.

Sehr betrübt über seine Eseleinsgestalt – welches das Eselein im «spiegelhellen Wasser» erkennt – zieht es in die weite Welt. Auf diesem Abenteuer trifft es auf allerhand Kreaturen. Die Läuterung kann beginnen ...

Das Duo «Figurentheater Bügelbrett» versteht es mit Gespür, die jungen Zuschauer abzuholen und mit in das Geschehen auf der Bühne einzubeziehen. Amüsant und spritzig werden hier die liebsam gefertigten Puppen in Szene gesetzt. Die Kinder singen und bewegen sich begeistert mit. Fast immer bringen es die beiden Frauen auf der Bühne fertig, dass der Funke springt; dies auch, weil sie das Märchen behutsam für das genannte Zielpublikum aufgemacht haben. Gekonnt, aber doch den eigenen Faden nicht aus den Augen verlierend, geht das «Figurentheater Bügelbrett» auf die spontanen Regungen des jungen Publikums ein. Aber niemals anbiedernd oder gar plump.

Nicht erst seit gestern benehmen sich Kinder manchmal wie Esel - im wahrsten Sinn des Wortes daneben. Aber Hoffnung besteht, da in jedem von ihnen eine Prinzessin, ein Prinz stecken kann. Man muss dem Geschöpf, ob nun Esel oder Mensch, nur ausreichend Gutmütigkeit und Geborgenheit angedeihen lassen. So kann jeder seine wahre Natur verwirklichen.

Das Märchen «Das Eselein» ist eine Geschichte eines jungen Menschen, der sich auf den Lebensweg macht, dabei stetig – nicht ohne Schwierigkeiten – vom  Rand ins Zentrum und von der Oberfläche in die Tiefe gelangt und letztlich zu sich selbst findet.

Weitere Aufführungen im Figurentheater (Industriestrasse 9): MI 3.11., SA 6.11., SO 7.11., MI 10.11.