«Heitere Fahne!» oder Verwirrliebesspiele der Geschlechter

Die Luzerner Spielleute spielen Shakespeare: «Was ihr wollt» unter der Regie von Werner Bodinek ist eine heitere Komödie der Irrungen in Sachen Liebe, Identitäten und Gemeinheiten.

Eine, die glaubt, dass ihr Zwillingsbruder, der glaubt, dass sie tot ist, beim Schiffbruch gestorben ist, gibt sich auf einem Eiland als Mann aus (Schnauz), verliebt sich in einen Adeligen, während dieser Herzog unerhört die ebenfalls wegen Bruderverlusts trauernde Gräfin beknien lässt, die sich in die als Mann verkleidete Schiffbrüchige verliebt. In die Gräfin verliebt ist auch ein gewisser Rees von Bleichenwang, der zusammen mit seinem Saufkumpan Tobias von Rülps, seines Zeichens Onkel der Gräfin, dem notorischen Rauschtrinken frönt. Ein intrigante Zofe ist mit im Spiel, ebenso wie ein geckenhafter, halbfranzösisch parlierender Haushofmeister, dem sie noch übel mitspielen werden. Eine Närrin und ein Narr stehen dabei über den Dingen im lieblichen Verwirrspiel der Geschlechter, derweil die drei mit Head-Miks ausgestatteten Göttinnen Aphrodite, Hera und Artemis das turbulente Geschehen vom Bänkchen oder von oben herab mit leichter Hallstimme kommentieren. Tönt kompliziert und ist von Shakespeare, der «Was ihr wollt» (aka «Twelfth Night, or What You Will») um 1601 schrieb. Die Komödie der Irrungen (mit natürlich Happyend, bis dahin gehts allerdings schon auch heftig zu und her) gilt gemeinhin als eine von Billys besten Lustspielen. Wie sagte schon Loriot: Mann und Frau passen einfach nicht zueinander. Das möchte man meinen. Am Schluss ist aber wieder alles anders und gut, wenn sich die Richtigen finden. Was Shakespeare da vor etlichen Jahrhunderten vorlegte, könnte heute modisch und modern «gendriert» (Josef Hader) werden. Wenn das einen oder eine interessiert, die Genderdiskussion, die hier einschliesst, wie sich die Grenzen der Geschlechter (und damit: die Identitäten) auch mal aufweichen können. Wir können alles heute auch einfach als im Allzumenschlichen begründeten, mehr oder weniger flüchtigen Spass nehmen. Vor allem, wenn es von Laien auf die Bühne gebracht wird, in einer heutigen Sprache (Paul Steinmann, ein alter Spielleute-Aktivist, der inzwischen in Funk und Film und in der Bühnenlandschaft als Autor arriviert ist, hat die Mundartfassung geschrieben). Und apropos Laien: Da ist es nicht abwendbar, dass unterschiedliche Talente sich regen und da und dort das eine oder andere Niveaugefälle offenbar wird. Mag es noch so neu gespielt sein, die Figuren haben ihre alten Original-Namen behalten.

Gespielt wird in einer Szenerie mit dominanten Grosskissen, auf denen die Spielenden herumtrampeln. Ein Schiffbruch muss da äusserst stilisiert umgesetzt werden, ein Papierbötchen und schwankende Gestalten machen es möglich. Auf Illyrien, so des Fantasielands Name, entfaltet sich dann das turbulente Geschehen der Tricks und Täuschungen, des Liebesirrsinns und der Gemeinheiten. «Heitere Fahne!» entfährt es dem von seiner Umgebung arg gebeutelten Malvolio (eine Glanzrolle), der die dramatische Grosswetterlage von «Was ihr wollt» nicht schlecht auf den Punkt bringt. Die Luzerner Spielleute knüpfen mit dieser Inszenierung an ihre grosse Theatertradition an, das heisst endlich spielen sie wieder mal selber, nachdem ihre Ressourcen durch die Planung und den Bau und den Betrieb des fleissig genutzten Theater Pavillons (grad neben dem Treibhaus) für mehrere Jahre absorbiert waren. Das ist gut so.

Aufführungen bis 31. März im Theater Pavillon Luzern, jeweils 20 Uhr, www.spielleute.ch