Gratwanderung auf der Gürtellinie

Sie sind eine Bereicherung, Patrick Frey und Beat Schlatter – seit bald 30 Jahren sind sie mitverantwortlich, dass der Emil nicht nur Rotstifte als Konkurrenten hat. Mit «das Drama», das gestern im Luzerner Kleintheater Zentralschweizer Premiere feierte, versucht sich das Duo an dramatischem Stoff.

Der Plot ist schnell nacherzählt: Hugo Lacher (Patrick Frey) und Balz Möckli (Beat Schlatter) sind zwei Provinz-Komiker, die mit «Rock uffe, Hose abe» eines ihrer Bühnenstücke am proben sind. Balz Möckli steht der Geist aber nicht nach Vorbereiten und Einstudieren; er ist von einer tiefen Sinnkrise befallen, denn er fürchtet sich, dass er als Person nicht mehr Ernst genommen wird, wenn er weiterhin auf das Pferd Komödie setzt. Es kommt ihm die Idee, mit der Inszenierung eines seriösen Dramas, dieser Entwicklung Einhalt zu gebieten. Der Abend besteht vornehmlich darin, dass Theater im Theater stattfindet: So sieht das Kleintheater-Publikum Lacher und Möckli bei den Proben und endlich bei der Uraufführung im Säli des «Hirschen». (Dort feiern Lachers und Möcklis Stücke jeweils Premiere.) Damit öffnen Schlatter und Frey verständig das Feld für das Changieren zwischen den Gattungen Drama und Komödie. Denn – wie nicht anders zu erwarten war – gerät das vermeintliche Drama zu einer lustigen Komödie. So heisst das Stück «Das Drama. Eine komische Tragödie». In diesem Spannungsfeld liegt die Stärke dieses Duos, das sich auf der Bühne mit Vorliebe selbst spielt. Nicht zufällig sind die Figuren, die von Frey und Schlatter auf der Bühne verkörpert werden, charakterlich immer nach gleichem Muster gestrickt: Während Beat den naiven Idealisten mimt, darf Patrick den aufschneiderischen und leicht angeberischen Grosskotz spielen. Gemein ist beiden, dass sie den kleinbürgerlichen Wunsch hegen, in einer höheren Liga mitzuspielen. In der Kombination dieser beiden Charaktertypen entsteht seit je ihre Komik. Und die überzeugt! Wie erwähnt besteht der Grossteil des Abends aber im Drama, das Lacher und Möckli aufführen. Es dreht sich um zwei schwule Militärs, denen zum grossen Glück ein Kind fehlt. Eben, nicht sonderlich originell. Es beginnt eine Gratwanderung von Witzen, die einem Pfadfinder-Elternabend entsprungen sein könnten und derben (aber nicht sonderlich amüsanten) Schlägen unter die Gürtellinie. Schnell kommt einem da «Hochzeit» in den Sinn, das letzte Programm der Formation «Kabarett Götterspass», dort wurde auch mancher Witz unter der Gürtellinie gezündet, aber dort meist auf ungezwungene Art politisch verbrämt. Und folglich gehaltvoller. Dem Publikum schien es zu gefallen, langer Applaus war denn die Antwort auf das Ende. Beat Schlatter jedenfalls ging nach diesem leichten Abend nicht geradewegs ins Bett; so war er gestern auch noch am Stelldichein der lokalen Musikszene, dem «Kick Ass Award 2010» in der Schüür und verlieh dort erfrischend unprätentiös den Hauptpreis. Nicht nur Schlatter, auch Frey, beides Männer, die sich selbst nicht zu ernst nehmen.

Vorstellungen bis 15. Januar 2011, 20 Uhr, Kleintheater Luzern