Genrefizierungen sind doof – Die Formfehler nicht

In der rustikal-sympathischen Atmosphäre der Metzgerhalle spielten am Samstag die Formfehler, zwischen Pop und Punk, lustig und saublöd, mit einem Spielzeugschlagzeug und aus kleinen Verstärkern.

«Nach dieser wochenlangen, noch länger scheinenden Regenperiode, wirkte das plötzliche Fallen von Schnee surreal. So langsam, vorsichtig, anders», schrieb einmal Piotr Keseru. Ähnlich war es für den Autoren beim Konzert der Formfehler in der Metzgerhalle (wo sich die Turbojugend trifft). Deutsche Texte hatte der wohl zuletzt am Openair St. Gallen gehört. Und musste sich anfangs tatsächlich erstmal umstellen, um die cleveren, oftmals auch sehr witzigen Texte von Ex-Kulturteil-Kolumnist Dr. Knobel wirklich mitzukriegen. Dann boten die aber beste Unterhaltung. Beim Gelaber zwischen den Songs war’s zwar nichts mit clever, aber sympathisch immerhin. War ja schliesslich auch die Metzgerhalle und nicht das KKL. Mit langsam und vorsichtig – um noch einmal auf das anfängliche Zitat zu sprechen zu kommen – wäre den Formfehlern aber unrecht getan. Unmöglich zwar, sich nicht sofort in den Tocotronic-Vergleich zu werfen, der bietet sich einfach an. Der Mut zum textlosen Gelärme, einfach das ganze Flair ähnelt sich schon. Trotzdem sind die Formfehler deutlich geradliniger, mit weniger Drama, dafür einer ordentlichen Portion Trash (und Joy Division). Vielleicht war das ja die vielzitierte Hamburger Schule (oder noch toller: Diskurs-Pop), dann sind The xx aber auch Britpop. Das Konzert stand im übrigen unter dem Motto Kinder-Instrumente. Das traf auf das Schlagzeug zu und war auch deutlich zu hören: Wirklicher Dampf kam nicht auf, es klang eben einfach wie ein Spielzeug. War aber gar nicht schlimm, denn aus den ebenfalls «geschrumpften» Kleinstverstärkern kamen auch Gitarren und Bass ziemlich konservenartig. War zwar alles ganz angenehm für die Ohren, hielt die Musik aber auch von den Beinen fern. Für mehr als ein bisschen Kopfnicken und Wippen fehlte die Durchschlagskraft. Trotzdem war es generell kurzweilig, was wohl auch daran lag, dass sich das Publikum gottseidank partout nicht auf eine Diskussion über «Dr.» Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg einlassen wollte. Der Song über das Drittwelt-Flittchen halte ich übrigens für einen der besten deutschsprachigen der letzten Zeit.