Feiern!

Uferlos Luzern, 09.10.15: Die Arbeit ist getan, das Crowdfunding-Ziel für Kulturteil.ch erreicht. Was nun? Feiern! Mit Stil. Pablo Haller, Film 2, Caquelon Twins, Iwander Holyfield und Hardly Booked im Uferlos!

22 Uhr, Pablo Haller steht auf dem Bühnenrand, spricht in den grossen, leeren Raum zwischen ihm und dem Publikum und verdichtet diesen mit seinen Worten schnell. Über dem Autor schweben sorgfältig in den Raum gehängte Lampenschirme – über der leeren Tanzfläche ein Kronleuchter aus Ästen und einer Lichterkette. Die Hintergrundmusik läuft noch leise, als er seine Lesung beginnt, oder ist das etwa eine Performance? In der ersten Sprechpause bemerkt, huscht jemand zum Mischpult und macht der peripheren Musik ein Ende. Alle Ohren auf Haller. Seine Identifikation mit den Worten ist deutlich spürbar. Eine knappe halbe Stunde liest und performt Haller seine Texte mit grosser Musikalität. Sein Sprechrhythmus mal wie ein Slow-Blues, dann wieder aufbrausend und hastig. Die inhaltliche Breite seiner fünf Texte reicht von Lokal-Lyrik – «Määs hani gäärn, z Lozäärn», über Satans Handlanger als Kassier bei den Menschen, vorbei an Kari vom Stammtisch – «das isch doch kei schwiiz meh!!!» – bis hin zu Rugova, Buzhala & Berisha, drei Dichtern aus Priština, deren Schaffen Haller in einem knapp zehnminütigen Text thematisiert. Applaus, Begeisterung, Schulterklopfen. Cut!

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Elischa Heller beginnt sein Gitarrenriff. Zeit vergeht. Jonas Albrecht versetzt seine Crashs mehrmals anschwellend in Schwingung und dämpft sie abrupt wieder ab. Ein kurzer Blick zu Elias Bieri am Bass, dann der Ausbruch! Die Gitarrenklänge überschlagen sich im digitalen Raum der Effektgeräte. Der Rhythmus gibt Halt, während sich der Bass zum Melodie-Instrument mausert. Spannend, ein Konzert mit einer Steigerung von gefühlten zehn Minuten zu beginnen. Film 2 aus Willisau spielen ein kompromissloses Set ohne Ansagen und Zugaben. Ein interessantes Wechselspiel zwischen homogenen, hallenden Soundflächen, plötzlichem Losreissen und ebenso plötzlichem Zusammenbrechen fesselt des wachsenden Publikums Augen und Ohren und setzt die Körper in Bewegung. Doch wie bewegt man sich zu dieser Musik? Von schwerfälligem Kopf-rhythmisch-nach-vorne-sinken-lassen-und-wieder-hoch-heben bis hin zu zappeligem Hin-und-Her-Hüpfen sind fast alle Bewegungsmuster auf der Tanzfläche anzutreffen. Der junge, experimentelle, vielleicht noch etwas unausgegorene, aber bestechende Sound von Film 2 lässt auf weitere aufgeladene Konzerte hoffen – dies war erst ihr sechster Auftritt. Auf bald! Mittlerweilen ist das Uferlos gut gefüllt mit Besuchern verschiedenen Alters. Das erste von drei DJ-Sets beginnt: Die Caquelon Twins, alias Kilian Mutter und Stefan Zihlmann von Orange Peel legen einen erfrischenden und melodiösen Mix, angesiedelt zwischen Indie-Pop und Electro, auf. Ein sympathischer und lockerer Auftritt der beiden DJs, die zeitweilen, die Köpfe zur Decke streckend, einzelne Textpassagen mitträllern. Fast unbemerkt geben die Caquelon Twins kurz nach zwei Uhr die Bühne frei für Iwander Holyfield. Die Veränderung des Sounds folgt prompt. Die Grooves werden reduzierter, mitzusingen gibt's hier nichts mehr. Die Tanzfläche ist jetzt proppenvoll, Schulter an Schulter wippend frönt man dem melodiösen Techno! Um halb vier verändert sich der Sound abermals. Hardly Booked (Gianluca Pardini & Heiri Weingartner) übernehmen die Bühnen-Elektronik! Die Grooves werden kratzig, wabbernd, der Sound hat mehr Ecken und Kanten. Die beiden DJs, die Gesichter nahe an den CDJs, durchsetzen den kondensierenden Dunst des Uferlos mit harten Rhythmen – bis das Licht angeht.

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Die drei DJ-Sets waren im Sinne der Abstraktion von Set zu Set sinnvoll programmiert, doch hätten auch zwei Sets gereicht – so hätte sich die Stimmung in den einzelnen Sets länger und dynamischer entwickeln können. Das heterogene Programm dieses Abends gab ein kleines, aber vielversprechendes Bild des Luzerner Kulturgeschehens. Und das will regelmässig rezensiert werden. Wir freuen uns über die rund 200 Besucher und danken allen, die das Uferlos in dieser Nacht aufgesucht haben, sowie all den Spendern auf Wemakeit.com für ihre Unterstützung! Das KultUrteil lebt!