Die historischen Mauern durchbrochen

Historisches Museum Luzern, 25.09.2014: An der heutigen Vernissage versammelten sich zahlreiche Museumsbesucher, um sich die von Christoph Lichtin und Sibylle Gerber kuratierte Sonderausstellung «Von Musegg bis Gaza» zu Sinnen zu führen.

(Von Tiziana Bonetti)

Mauern prägen uns. Ohne sie wäre unser Leben wohl kaum vorstellbar: handelt es sich dabei auch nur um die hauchfeine und dennoch entscheidende Trennmauer in öffentlichen Toiletten, die zwar weder olfaktorisch, noch akustisch, aber zumindest territorial Kloschüssel von Kloschüssel trennt. Natürlich gründet der Anlass, eine Mauer zu errichten, nicht immer in der Notwendigkeit, die Intimsphäre beim Entleeren der Harnblase wahren zu können. Ebenso gut können Repräsentations-, Macht- und Schutzgründe ihren Bau zur Folge haben. Anhand ausgewählter Beispiele wurde das Thema «Mauer» der Sonderausstellung facettenreich beleuchtet. Die Leitthemen Macht, Repräsentation, Kommunikation, Überwindung und Aggression waren stets aus den Beispielen unterschwellig herauszuspüren. Ausgehend von einer Gouachemalerei des Schweizer Künstlers David Alois Schmid (um 1856), auf dem die Luzerner Museggmauer keine abschirmende Funktion mehr einzunehmen scheint, führte die Ausstellung weiter zu einem um 1200 entstandenen Stadtplan der Hauptstadt Jerusalem, deren Mauer alle wichtigen Orte der jüdischen und christlichen Heilsgeschichte umfasst. Thematisiert wurden mit einer Fotoaufnahme von Tuca Vieira auch die umzäunten Wohnanlagen, die sogenannten «Gated Communities», in denen die Mauer bei grosser sozialer Ungleichheit die Funktion einer Trennlinie einnimmt. Auch setzte sich die Ausstellung unter anderem mit Friedhofs-, Klagemauern, der Berliner Mauer und Klostermauern auseinander. Dass auf so knappem Raum so viel gezeigt und gelesen werden konnte, lag an der kompakten Ausgestaltung der Ausstellung. Vielleicht wäre es aber, anstelle der heterogenen «Mauernflut», der die MuseumsbesucherInnen ausgesetzt waren, ratsam gewesen, etwas sparsamer mit Beispielen umzugehen. Auf diese Weise wäre eine vertiefte Auseinandersetzung mit dem je ausgestellten Exponat und dem ihm unterlegten Legendentext möglich gewesen. Ansprechend waren neben dem vielen Bild- und Textmaterial auch Videos, Hörstationen, Videospiele oder Objekte, die die MuseumsbesucherInnen teils gar zum Aktivwerden einluden. Die Vernissage eröffnete Christoph Lichtin, der Direktor des Historischen Museums, mit einer Ansprache zur Sonderausstellung «Die Mauer – von Musegg bis Gaza», die bis am 8. März 2015 vor Ort zu sehen und zu erleben sein wird. Christoph Lichtin liess verlautbaren, dass es ihm in dieser Ausstellung darum gegangen sei, aus dem rein historischen Kontext auszubrechen. Dies wurde versucht, indem das der Ausstellung inhärente Thema «Mauer», nebst seinen vorhandenen historischen Implikationen, den Bogen zur Gegenwart spannte. Dass Lichtin aber nicht nur mit dem Aktualitätsbezug seiner Ausstellung vorlieb nehmen, sondern darüber hinaus selbst die Mauern des historischen Museums überwinden wollte, beweisen die im Rahmen dieser Sonderausstellung stattfindenden Veranstaltungen: Ein erster Blick ins Programmheft genügt, um festzustellen, dass nebst einer von Manuel Kühne inszenierten Theatertour auf der Museggmauer, ein Erzählabend, eine Podiumsdiskussion, Workshops und Führungen im und ausserhalb des Museums angeboten werden. Die Sonderausstellung «Von Musegg bis Gaza» wird also bestimmt nicht lautlos verklingen oder als historisch verstaubte in Erinnerung bleiben. Interesse, an einer Theatertour dabei zu sein?

Hier klicken.