Die Banker als Saubandi

«Frank der Fünfte», bei seiner Premiere Anno 1959 von Publikum und Kritik verschmäht, ist nach wie vor oder wieder aktuell. Oder, wie es sich bei einem Stück von Meister Fritz Dürrenmatt geziemt, es bleibt als Klassiker ewig gültig. Mehr oder weniger, wie die Inszenierung im Theater Stans zeigt.

Aus Bertolt Brechts «Dreigroschenoper» von 1928 stammen ja die schönen Sätze: «Was ist ein Dietrich gegen eine Aktie? Was ist ein Einbruch in eine Bank gegen die Gründung einer Bank? Was ist die Ermordung eines Mannes gegen die Anstellung eines Mannes?» Bei Dürrenmatt sind die Werte verkehrt, in ihr Gegenteil. Vorgeführt wird eine, wie man meinen möchte, ehrenwerte Gesellschaft, die der Banker (hier konkret der privaten «Frank Bank»), einer durch und durch nur auf den eigenen materiellen Vorteil bedachten Menschen-Anhäufung (zwar recht dezimiert, es geht dem Ende zu, nur noch sechs sind in diesem Gangsterbetrieb angestellt). Die Bank als Schurkenverbund: Schamlos schöpfen sie ab mit krimineller Grossenergie, alle sind sie Betrüger, die nur in die eigene Tasche wirtschaften, mit Tricks und üblen Machenschaften das Ziel ihrer grässlichen Gier erreichend. Es geht um das grosse Geldabzügeln um jeden Preis. Die Welt muss betrogen sein. In der Wahl ihrer Mittel sind die Beteiligten alles andere als zimperlich; es wird erpresst und geschwindelt und gemordet. Es sind halt Schurken.

Man kann es als eine Art prophetische dramatische Blaupause für den Fall UBS lesen (die Bank soll ja eigentlich liquidiert werden, als der Herr Staatspräsident grosszügig pekuniär aushilft). Sollte es aber letztlich nicht tun. Dürrenmatt ging es natürlich nicht um böse Banker an sich, sondern um ein sehr wohl dafür prädisponiertes System. Schon um wirkliche Welt letztlich, von der er sich in der Theaterform ein Bild machte. Ein Bild von der Macht des Geldes, als Bühnenstück gestaltend. In einer «Standortbestimmung» zum Stück (die Erstfassung, Dürrenmatt hat auch «Frank der Fünfte» 1980 noch mal umgeschrieben) formulierte der Autor, dass es ihm nicht um Nationalökonomie gehe, sondern um eine «Arbeit über ein fingiertes Modell. Modell von was? Von möglichen menschlichen Beziehungen». Wenn man sich die Stanser Inszenierung von Ueli Blum anschaut: Vorstellbar wären mehr Biss und Schärfe und Zugespitztheit, ja, um das Groteske des irren Unternehmens (die Welt zu betrügen) herauszuschälen, mehr Überdrehtheit und Schmierigkeit dieser Figuren, von denen keine Mitleid provoziert, das verstärkte Hervorkehren des Wahnsinnigen und Kranken und Kaputten. Das könnte man sich für einen heutigen «Frank den Fünften» wünschen, der auch etwas entschlackter daherkommen könnte. Lachen ob des eigentlichen Grauens kann man auch im Jahr 2010, denn «die Komödie einer Privatbank» (Untertitel, 1958 hiess es noch «Oper») ist es nach wie vor. Bitterböse am Ende. Die versteckt gehaltenen Kinder des fünften Frank kommen an die Macht. Das Spiel geht weiter.

Die Stanser Laien sind gut bei der Sache und vermögen ihrer Figur mehr oder weniger plausibel Konturen zu geben. Adi Blum (an der Handorgel) hat den Dürrenmattschen Text in Mundart übertragen und auch Teile von Paul Burkhards Originalmusik für Geige und Akkordeon und Chorstimmen adaptiert.

Theater Stans; bis 27. März; www.theaterstans.ch