Der Sonderling unter den Ausstellungen

Museum im Bellpark, Kriens, 11.6.2020: Selten wuchs ein Afro so schön wie der auf dem Kopf des Künstlers Bob Ross. Das findet auch das Team des Museums im Bellpark Kriens. Man lädt ein zu einer Ausstellung, in der Fehler keine Fehler sind und im Museumsshop Shampoo verkauft wird.

Im Museum im Bellpark läuft gerade alles verkehrt. Damit ist nicht «falsch» gemeint, sondern verkehrt im Sinne von «umgedreht», denn für die neue Ausstellung stellte Leiter Hilar Stadler das Konzept seines Museums auf den Kopf. Dabei musste er viel Ungewissheit in Kauf nehmen. Heraus kam eine Exposition der etwas anderen Art: «After Bob Ross: Beauty Is Everywhere» öffnete am 10. Juni ihre Türen.

«So forsch an die Leute heranzutreten und ihnen vorzuschreiben, was sie zu tun haben, das machen wir sonst nie.»

Hilar Stadler, Leiter Museum im Bellpark

Ganze 30 Künstler*innen bekamen den Auftrag, ein Bild in Anlehnung an den amerikanischen TV-Maler Bob Ross aus den 80er-Jahren zu kreieren. Mit seiner kitschigen Nass-In-Nass Landschaftsmalerei und der Fernsehsendung «The Joy of Painting» wurde Ross zum Star. Müslipackungen wurden mit seinem Gesicht bedruckt, es gab Bob-Ross-Spielzeugfiguren und seine beruhigende Stimme hörten einige sogar zum Einschlafen. Sage und schreibe 31 Staffeln produzierte der malende Fernsehmacher damals, ganz nach dem Motto: In jedem Menschen steckt malerisches Talent.

Verkehrte Welt

Bob Ross war ein spezieller Mensch, und auch die Ausstellung sei ein totaler Sonderling, erklärt Hilar Stadler: «Wir haben uns lange darüber unterhalten, wie es nach der durch Corona bedingten Schliessung eigentlich weitergehen soll. Wir kamen letztlich auf die Idee, Rollenverteilungen von Künstler*innen und Kurator*innen neu zu interpretieren. Dieses Mal sind wir als Kuratierende in der Rolle, einen Auftrag zu geben. Das ist sowohl für uns wie auch für die Kunstschaffenden eine sehr ungewohnte Situation. So forsch an die Leute heranzutreten und ihnen vorzuschreiben, was sie zu tun haben, das machen wir sonst nie.» Ausserdem sei es völlig neu für das Team, nicht zu wissen, wie das Resultat aussehen wird. «Wir haben keine Ahnung, was uns erwartet», sagte Stadler zwei Wochen vor der Eröffnung.

Bob Ross im Museum im Bellpark

Ralf Keller ist unter anderem für das Archiv des Museums im Bellpark zuständig und erläutert, warum das Museum so auf den Kopf gestellt werden musste: «Wir wollten auf keinen Fall einfach so weitermachen, als wäre nichts gewesen. Das wäre auch gar nicht möglich gewesen, denn die Exponate, die wir jetzt ausstellen wollten, sind noch in England und gar nicht verschickt worden.» Das Museum im Bellpark habe schon sehr viele Künstler*innen unterstützt. Dieses Mal werde der Spiess aber umgedreht: Das Museum sei jetzt auf die Unterstützung der Künstler*innen angewiesen.

Gegensätzlich und doch verbunden

Der Bellpark wurde zum guten Glück nicht im Stich gelassen. In den Räumlichkeiten des Museums sind bis im August Werke von renommierten Schweizer-, sowie internationalen Künstler*innen wie Performancekünstler John M. Armleder aus Genf oder der iranischen Fotografin Shirana Shahbazi zu bewundern. Ob mit Ölkreide auf Stoff, Tattoomaschine auf Leder oder grossformatig mit Bleistift auf Papier: Die verwendeten Techniken und Materialien sind mindestens genauso divers wie die Künstler*innen aus verschiedenen Regionen und Generationen selbst.

Bob Ross im Museum im Bellpark

Ralf Keller stellt fest: «Bob Ross‘ Positivität hat einfach etwas Verbindendes.» Trotzdem sei zeitgenössische Kunst meist viel ernster als Ross‘ friedvolle Aussagen und kitschige Berglandschaften aus den 80ern. «So entsteht in unserer Ausstellung eine interessante Spannung zwischen dieser positiven Medienfigur und der Krisenzeit, in der wir gerade leben. In gewissen Gemälden kann man das Düstere und Dunkle einfach nicht wegdiskutieren. Unsere Aufgabenstellung an die Künstler*innen hat das natürlich auch ein wenig provoziert», so Keller. «Effektmalerei ist heute sehr verpönt», ergänzt Stadler, «trotzdem ist Bob Ross nach wie vor sehr präsent im Bewusstsein von zeitgenössischen Kunstschaffenden.»

Gewisse Aussagen des Amerikaners wie: «There are no mistakes, just happy little accidents» und vor allem sein Afro-Look sind im allgemeinen Gedächtnis geblieben. Ralf Keller betont verschmitzt: «Wenn man so eine schicke Frisur haben will wie Bob Ross, dann sollte man unbedingt in die Ausstellung kommen und ein Shampoo mitnehmen.» Wie effektiv das Lockenshampoo im Museumsshop wirklich ist, sei in Frage gestellt. Ein Besuch des Museums im Bellpark empfiehlt sich aber mit jeder Frisur.

After Bob Ross: Beauty Is Everywhere
Bis DI 18. August
Museum im Bellpark, Kriens