Der mit den Bösen heult plus ein Blues-Oldie

Samstag, 5.11., Hotel Schweizerhof: Der Blues ist nicht nur wie alle Jahre wieder back in town, er ist auch nach wie vor alright. Zum 17. Mal: Das Lucernce Blues Festival (LBF) hat am Samstag zum Eröffnungsabend geladen. In den Bringolf-Saal des Hotels Schweizerhof. Eintritt, wie es der Tradition gebührt: gratis.

Das gabs noch nie. Also gilt es als historisches Ereignis. Oder wie der Protagonist sagt: «Event». Ein Einheimischer im Hauptprogramm in Gestalt von Meistergitarrist Richard Koechli (49) ist fürwahr eine besondere Ehre. Er hat es verdient. Seit Jahrzehnten macht er unermüdlich seine Musik. Da traf es sich gut, dass just zur 17. Ausgabe des LBF sein neues Album erschien. Titel: «Howlin’ With The Bad Boys» (Nation Music). Das «Heulen» im Titel ist natürlich nicht wörtlich zu nehmen, und die Bösen Buben sind mit den Schwingern vergleichbar, also nicht unbedingt böse. Vielmehr vielleicht geili Sieche. Und alle tot. Das Album ist eine einzige grosse Hommage, aber keineswegs und mitnichten so etwas wie eine Cover-Sammlung. Sondern Tributes, selbst komponiert, jedes einzelne Stück ist einem der grossen alten Meister des American Folk Blues gewidmet. Im gerangelt vollen Hotel-Saal also die historische Premiere. Richard Koechli erklärt, wie er eben den verehrten Meistern die Reverenz erweist, ihren Spirit einfängt, den Geist musikalisch weiterträgt. Es sei «ein Kniefall in Würde», so jedenfalls seine Hoffnung. Die Hoffnung ist berechtigt. Koechli ist nicht nur Könner, er ist auch ein Beseelter, ein durch und durch Blues-Infizierter (wobei er auch andere Stile drauf und in sich hat). Da wird geslidet und gepickt, dass es eine Freude ist. Begleitet wird der Luzerner Gitarrist (und auch: Sänger – in englisch, französisch und auch Mundart) von einer tipptoppen Band, die ihm schon lange treu ist: Tastenmann Michael Dolmetsch, Akustik-Gitarrist Heini Heitz, Drummer Fausto Medici und Mundharmonika-Mann Dany Lauk (man merke: bassfrei). So spielen sie denn aus dem Repertoire des Albums, quasi Oden an Minnie Memphis, Big Bill Broonzy, John Lee Hooker, Howlin’ Wolf und wie sie alle heissen. Nach dem Historischen noch einmal Historisches. Er lässt sich zwar etwas Zeit und kommt erst nach einer Weile, es ist 22.15 Uhr, auf die Bühne, um sich hinters Klavier zu setzen und einen Boogie zum Besten zu geben: Henry Gray, seines Zeichens lebende Legende, der hier mit den viel jüngeren Tail Dragger with Bob Corritore’s Rhythm Room All-Stars (das sind noch Bandnamen) gemeinsame Sache macht. Wer da in die Tasten haut, hat schon mit verblichenen Blues-Grössen gespielt, auch solchen, denen Richard Koechli die Ehre erwiesen hat: Howlin’ Wolf, Muddy Waters, Jimmy Reed, Bo Diddley u.v.a. Gut, ein paar leben noch, aber Gray gehört wohl definitiv zu einer aussterbenden Rasse, übrigens outfitmässig piekfein mit einem Bowler auf dem Kopf auftretend. Henry Gray ist am 19. Januar 1925 geboren, down in Lousiana, hat dann für die einschlägige Szene in Chicago gearbeitet. Seit 7 Jahrzehnten im Blues-Geschäft, und Mick Jagger hatte ihn für sein Geburtstagsfest zum 55. in Paris gebucht. Henry Gray spielt noch einmal im ordentlichen LBF-Programm, das sich bekanntlich von Donnerstag bis Samstag (10.–12.11.) konzentriert im Casino Luzern abspielt. Apropos gratis. Blues-Müsterchen für EinsteigerInnen gibt noch einmal kostenlos am kommenden Mittwoch (9.11.). Angesagt sind Delta Groove Harp Blast featuring Big Pete, Mitch Kashmar, Randy Chortkoff, Kirk Fletscher & Alex Schultz. Ort: Casineum, Zeit: 23.00.