Da Capo – und alles noch mal von vorne

Das Frölein aus dem Luzerner Hinterland unterhielt den gesamten Stadtkeller, ganz ohne Giacobbo/Müller. Für etwas mehr Tiefgang hätte man aber anderswo sein Glück versuchen müssen.

(Von Nick Furrer)

Man könnte das Frölein Da Capo in Stücke reissen. Man könnte sich über ihre farbigen Kleider, die roten Stöckelschuhe und Halsketten lustig machen. Da Capo («Spielanweisung, ein Musikstück von der so bezeichneten Stelle an von vorne zu beginnen»), könnte man ohne weiteres böswillig interpretieren. Etwa fernab vom verwendeten Loopgerät, in dem man ihn auf die sich wiederholenden Themen überträgt, um die sich das Konzert drehte. Da wären die Biermänner und die wartenden Frauen, die wehleidigen Männer und die Bemutterung, Frauen und ihr Verhältnis zu Sport und dicken «Füdlis». Alles aus dem schwierigen Leben, welches Herr und Frau Schweizer zusammen führen, geschmückt mit ländlichen Klischees bis der Hahn kräht. Die Lieder samt Texte wären seicht genug, um ihnen deswegen keinerlei Beachtung, geschweige denn Wertschätzung zu geben. Die oftmals derbe Sprache des Willisauer Fröleins entlockte den Menschen im Stadtkeller verschmitztes Gelächter. In ihren Texten lässt sie alte Männer wegen üppigen Ausschnitten sterben oder beschreibt die Lust auf Sex nach 40 Jahren Ehe. Das muntere Publikum ist angenehm peinlich berührt. Die einen nennen so was abgedroschen, die anderen Unterhaltung. Je nach Humor eben. Aber das Einfrauorchester hier nur schlecht zu machen, bliebe ungerechtfertigt. Was das ehemalige Mitglied der Jungen Feldmusik Willisau da mit dem Loopgerät (BOSS Loop Station RC-50, für jene die dem Zauber endgültig auf die Schliche kommen wollen) anstellt, muss ihr, wenn auch lange nicht alle Möglichkeiten des Gerätes ausgeschöpft wurden, erst mal jemand nachmachen. Sie kreiert mit Trompete, Euphonium, Keyboard und Stimme aus dem Nichts ihre Liedchen, welche sie auch gerne mal mit ein paar geschickten Gitarrengriffen begleitet. Dass das über eineinhalb Stunden zu eintönig werden würde, hat sie vorausgesehen. Zwei Drittel des Konzertes wird sie von ihrer sechs- oder siebenköpfigen, mit Latzhosen und Holzfällerhemd verkleideten Band unterstützt (wer Made In Mind kennt, sieht das eine oder andere Gesicht nicht zum ersten Mal!). Sie klangen mal nach Blues, mal nach Country, sogar englisch oder französisch wurde gesungen. Aber so richtig aufregend wurde es dann doch nicht. Spätestens beim frechen «Fuck Off Song» oder bei der lustigen «Ballade de Röstigraben» rollte es einem, wenn man denn nicht aus diesem Schlag kam, die Fingernägel nach hinten. Und irgendwie wurde es gegen Ende unmöglich, über die nervige Angewohnheit des Fröleins hinwegzuhören, jeden dritten Ton wie Kaugummi auf die eigentliche Note raufzuziehen. Obwohl eigentlich keine falschen Töne von der Bühne kamen, war der Höhepunkt bereits mit dem allerersten Lied passé – eine Coverversion von Matters «Alpeflug», selbstverständlich mit gelooptem Euphonium. Aber eines muss man Irene Brügger lassen. Sie springt mit viel Elan in die Rolle des Fröleins, holt ihre Leute mit dem richtigen Witz im richtigen Moment ab und zeigt sogar eine gesunde Portion Selbstironie. In diesem Sinne hat das Frölein keinem den Erfolg gestohlen. Je nach Humor eben.