Blind Butcher – Piss Me A Rainbow

PlattenWechsler: Blind Butcher sind das beste Kraut-Wave-Disco-Punk-Duo der Schweiz. Mit «Piss Me A Rainbow» bricht die Band in neue Gefilde auf, bleibt sich dabei aber immer treu. Es ist die Reise in eine musikalische Traumwelt.

Eine Art Schiffshorn eröffnet «Piss Me A Rainbow». Leinen los. «They say ‹absence makes the heart grow fonder›», singt Christian Aregger auf dem Titeltrack, der das Album einläutet. «Weit, weit weg» wollen Blind Butcher sogleich im nächsten Song «6300». Drummer Roland Bucher treibt den Song vorwärts, in die Ferne. Dort kommen Blind Butcher auf «Weni Noni Mini Ha» schliesslich an. Ein lockerer Hauch von Exotica verdrängt das Drängende der ersten beiden Songs. Christian Areggers Gitarre klingt nicht mehr verzerrt, sondern hell. Statt Englisch wird in Mundart gesungen.

Und das macht Spass. Lustvolle Lautmalereien zeichnen die schweizerdeutschen Texte aus. Sie hören sich an wie eine Sprechübung zur Verbesserung der Artikulation: «Wäge dere det döre ond nömme hende vöre, chome döre, döre, hendevöre, vöre, vöre», heisst es auf «Sig äbe». Texte dieser Art gab es von Blind Butcher schon zu hören, etwa in «Hexentanzen» auf dem letzten Album «Alawalawa». Sie zeugen von der grossen Spielfreude, die man von dem Duo bestens kennt.

Diese Stärke spielen Blind Butcher auf «Huko Huko Ni Paca» am hemmungslosesten aus. Die in diesen einen Song gepackten Ideen hätten auch für drei gereicht: Die Lyrics werden in Autotune gesungen und kombiniert mit orientalisch klingenden Instrumentalabschnitten. Der Song ist erfrischend, es passiert viel. Blind Butcher spielen mit Repetition und Brüchen und wollen mit wenig ganz viel schaffen. Das kann sowohl einlullend wie überraschend sein, wie die Vorab-Single «Shooting Star» zeigt. Gerade der Beginn des Albums klingt dadurch allerdings etwas uninspiriert.

Während die vorhergegangenen Alben nämlich mit einem Knall loslegten, startet die Reise auf «Piss Me A Rainbow» gemächlicher – dafür wortwörtlich: Die Themen Reisen und Ferne sind zunächst textlich und musikalisch präsent. Nach den ersten drei, vier Songs geraten sie in den Hintergrund, fast schon in Vergessenheit. Doch plötzlich, auf dem letzten Track, kommen Blind Butcher darauf zurück. Auf dem akustischen «Closer» besingen sie die berauschenden Wellen am Strand und ihre «Traumwelt». Der Stimmungswechsel irritiert, zunächst hält man den Song für ein Interlude. Doch das Album ist zu Ende und eine kurze Ratlosigkeit stellt sich ein. Was ist jetzt mit dieser Reise? Hat sie in die Traumwelt geführt? Spielte sich das Album dort ab? Gab es je ein Konzept? Vielleicht nicht. Aber elf gute bis sehr gute Songs, die zeigen: Blind Butcher sind musikalisch angekommen und bleiben das beste Kraut-Wave-Disco-Punk-Duo der Schweiz.

Blind Butcher: Albumtaufe
FR 11. & SA 12. Oktober
Industriestrasse, Luzern

Diese Rezension erschien in der Oktober-Ausgabe des 041 – Das Kulturmagazin. Jetzt hier abonnieren!