157x sind noch lange nicht genug

Gratulation! Der «Stadtkeller» startete gestern in sein 30. Jahr als Konzertlokal. Zugegen ist zum Auftakt der Rekordhalter Polo Hofer, der bis Donnerstag hier seine Auftritte Nummer 157 bis 160 (nach offizieller Zählweise) absolviert. Etwas verhalten noch war es gestern vor mittelalterlichem Publikum.

Das muss man ihm lassen, dem heute 65-Jährigen, Geschmacksvorlieben hin oder her: Professionalität war und ist sein Ding. Bereits in den 1980er-Jahren konnte man da seinen Mischer loben, den «Stadtkeller» mit dem besten, d.h. klarsten und druckvollsten Sound beschallt zu haben. Zum längeren Interview lud Polo in die weit oben (Treppen!) liegende Garderobe, um nach dem Gig bis in den Morgen hinein fundiert zu plaudern. Als Entertainer steht er unter wenigen, die es ihm gleich tun können, weit oben im schweizerischen Showbusiness. Wobei er stets vermeidet, erfolgsgarantiert einfach ein Wunsch- oder Best-of-Konzert abzuspulen. Gut, die Stimme hat gelitten. Die Wendigkeit ist geringer geworden. Aber die Worte hat er noch. Witzelnd Anekdoten aneinanderreihend, gings auch gestern über die Bühne: Von einer Band begleitet, die man wohl kompetent nennen darf, gab er einen ausgiebigen Liederstrauss zum Besten. In der zweiten Halbzeit kommt es dann natürlich doch noch: «Alperose». Davor aber Titel wie «Zigüünerhärz», «Liebe Siech» (Original: Tood Snyder), «Vermisse di», «Wie chan e arme Maa so Zyte düre stah?», von der letzten neuen Platte (die aktuelle «Rimix» ausgenommen) «Prototyp» kommen «Du Ängu, du» und «Ds Beschte chunnt erscht no». Polo hat Heuler, Mit-Heul-Nummern und Stampfer im Repertoire, die nicht fehlen. «Rote Wii»(den Züri West auf dem diesjährigen «Homerekords» in einer Version von 2004 drauf haben) und «Schlangelädergurt». Wobei es sich bei Letzterem um eines der vielen deklarierten oder nichtdeklarierten Covers handelt. In diesem Fall: Dylan (Bob). Polo kanns halt, mehr oder weniger Bekanntes aus dem Angelsächsischen kongenial in Mundart adaptieren. Das wird auch beim Duett mit Jubiläumsgast Sina (sie wird, wenn sie im März im «Stadtkeller» spielt, auch schon zum 16. Mal dagewesen sein) offenbar: «Wenn es nötig wär» ist die wunderbar anrührende Anverwandlung von «If I Needed You» (vom grossen Townes Van Zandt). Sina macht dann auch noch alleine weiter für eine Weile, ihr «Wänn nit jetz wänn dä» widmet sie den anwesenden Walti Vollmeier (er hat den «Stadtkeller» erfunden) und Franz Bachmann (der Booker von Anfang an): «Für die Leute, die das aufgebaut haben.» Der «Sohn vom Pfarrer» ist eine Sina-Nummer, die ihr einst Polo auf den Leib getextet hatte (natürlich eine Übersetzung des durch Dusty Springfield bekannt gewordenen Songs) Dann gibt wieder Polo dem Affen Zucker: «In Memphis» (Marc Cohn), «Summer ’68», «Ds letschte Hemmli», «Wyssebüehl» (aka «Jersey Girl»,Tom Waits), zum Ausklang «Ds letschte Tram», eine Komposition von HP Brüggemann, der aktuell bei Polo die Tasten bedient. Ein nicht unbedingt im übertragenen Sinn historischer Auftritt. Aber im ganz engeren sowieso. 30 Jahre «Stadtkeller» und (fast) ebenso viele für Polo hier. Nicht schlecht.