Schlechte Neuigkeiten?

Galerie Vitrine, 14.08.2015: Der kleine, schwarz gestrichene Raum der Galerie Vitrine wurde gestern Gaststätte einer Klangwelt, die alles andere war als klein. Der Abend verschrieb sich ganz der Macht der Maschinen. «Bad News»? – Wohl eher nicht.

Die heutige Technik ist, so kann behaupten werden, in der Lage, die Realität zu verzerren: Das Grün der Gräser wirkt digital intensiver als in natura. Töne können aus ihrem klanglichen Umfeld absorbiert, modifiziert und perfektioniert werden. Die fortgeschrittenen technischen Möglichkeiten bildeten auch den Kanon für die beiden Inszenierungen von Rolf Laurejis und Daniel Steiner. Das von Belia Winnewisser kuratierte Projekt wurde zu Beginn der Vorstellung erst einmal eingeleitet – natürlich in digitaler Form: Eine futuristisch anmutende Stimme erfüllte den Raum, ohne zu stocken und frei von Versprechern – künstliche Perfektion per se. Die erste Performance setzte an. Rolf Laurejis, kniend vor Computer und Sampler, mit seinem iPhone in der Hand (siehe Bild oben), das als eine Art klangmodifizierende Fernbedienung diente. Die anfänglich sanften, tranceartigen Töne gingen über in dumpfe, betäubende, teilweise sich überschlagende Beatsequenzen. Untermalt wurde das Gehörte durch Laurejis Bewegungen im Raum. Meistens fügten sich die Klänge seinem Willen, zeitweilig schienen die Tongeräte jedoch auch die Überhand über seinen Körper zu gewinnen. Die Regungen wurden abrupt und dissonierten nicht mehr mit den sich immer stärker verselbstständigenden Tönen, wirkten teilweise beinah verstörend. Seine Kulmination fand dieses Spannungsspiel kurz vor Schluss in unverständlichen Schreieinlagen. Nach dem letzten Laut folgte erst einmal ein längerer Moment der Stille – gefolgt von frenetischem Applaus.

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Daniel Steiners anschliessende Darbietung erfolgte im traditionelleren Konzertstil. Hinter seinem Mischpult stehend nahm sich Steiner seiner opulent ausfallenden Musikausrüstung, bestehend aus diversen Samplern und Synthesizern, an. Das Ergebnis waren vielfältige Klangnuancen: von schleichend über bedrängend bis hin zu beinahe aggressiv. Die Lautsprecher zeigten sich vereinzelt sogar etwas überfordert. Auch Steiner gab sich seinen musikalischen Maschinen vollkommen hin, was sich durch eine sehr präzise Steuerung derselben äusserte. Die Aufmerksamkeit des Publikums war voll und ganz bei ihm und seinen Bewegungen, die zusammen mit dem Ton eine Einheit bildeten. Ein derartiger Fokus wird selbst in einem Nachtklub kaum erreicht. Zweimal wurde es still, um daraufhin wieder aufzudrehen. Beim dritten Mal wurden die Samples abgestellt. Der Applaus fiel auch hier nicht minder grosszügig aus. Die Maschinen standen an diesem Abend zwar im Mittelpunkt des Klangerlebnisses, gesteuert wurden sie jedoch von zwei wunderbar agierenden und talentierten Künstlern. Demonstriert wurde auf sehr lebendige Art und Weise, dass die Grenzen zwischen Technik und Kunst fliessend verlaufen. Das Zusammenspiel von Körper, Klang und Raum verdient dabei besonderes Lob. Nirgendwo war es zu viel. Caroline Schöbis visuelle Installationen komplettierten die spannungsgeladene Atmosphäre und boten auch die einzigen Lichtquellen im dunklen Raum, den das Publikum sodann in Richtung natürlicher Dunkelheit verliess.

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