Walzertanzen im Treibhaus

Holly Golightly in Luzern: Die Engländerin wurde ihren breit genannten Referenzen kaum gerecht. Dafür brillierte der Neuseeländer namens Delaney Davidson als Support, und sorgte also im Ganzen für einen ordentlichen Konzertabend.

Drei «J» als Referenz genügten für einen guten Publikumsaufmarsch im Treibhaus: Jim Jarmusch und Jack (White). Bei Ersterem hatte Holly Golightly den Soundtrack zum Film «Broken Flowers» beigesteuert, und mit Letzterem sang sie das Duett «It's True That We Love One Another» auf dem White-Stripes-Album «Elephant». Doch was sind schon Referenzen, widmen wir uns dem gestern Gebotenen.

Zuerst war es an Delaney Davidson, einem neuseeländischen, bodenständigen Blondschopf, den Treibhaussaal zu beschallen. Er stand mit Gitarre auf die Bühne, sagte etwas in schnoddrigem Ton, doch ich verstand nur noch «Bla bla bla». Mit diesen Worten sollte er sich später auch wieder verabschieden. Sympathisch, fand ich. Und umso erstaunlicher, dass er später in beachtlich feinem Deutsch durch seinen Auftritt führte. Auch dass er Reverend Beat Man angeblich kennt («ein ganz feiner Mann»). Und in dessen Manier trat Davidson auch auf – nur besser. Singer/Songwriter, die sich selbst live sampeln sind ja gewiss keine Seltenheit mehr, doch Davidson führte das in einer wahnwitzigen Perfektion vor. Er begann die Lieder mit einfacher Finger-Picking-Gitarre und seiner schönen kratzigen Stimme. Danach schichtete er Mundharmonika, Gitarrenwirbel und anderes übereinander, und man hatte zwischendurch das Gefühl, eine Roots-Blues-Combo aus den 50ern stehe auf der Bühne. Immer wieder bediente er sich für Gesang und Mundharmonika eines sehr kaputt-tönenden Mikrofons, was den erdigen Effekt wirkungsvoll unterstützte. Blues und Country vom Feinsten. Später forderte er zum Walzertanz auf. Er spielte einen Song im Dreivierteltakt ein, entliess ihn dann ihn die Endlosschlaufe und begab sich auf die Tanzfläche, wo er sich Frauchen um Frauchen schnappte, um sie später jeweils einem Tanzpartner zu übergeben. Schnell war das Treibhaus von tanzenden Pärchen durchflutet – ich habe bisher noch keine bessere Methode gesehen, das Publikum Richtung Bühne und in lockere Stimmung zu bringen. Davidson verabschiedete sich nach einem mitreissenden Auftritt mit einer gelungenen Version von Leadbellys Klassiker «My Girl» (jedoch hat er zum Schluss auch noch den Auftritt von Holly Golightly gerettet – siehe unten).

Was soll man über das Gebotene von Holly Golightly sagen? Der Saal war jetzt voll, aber die Stimmung seltsam gedrückt – obwohl sich die Sängerin nach jedem Song herzhaft und mehrfach bedankte für das tolle Ambiente. Die Songs waren weniger toll, eher monoton und einschläfernd. Was sicher auch an ihrem Bühnenpartner Lawyer Dave (alias The Brokeoffs) lag, der neben Gitarre mit seinen Füssen auch den Beat beisteuerte. (Und das muss doch mal gesagt sein, das funktioniert einfach nicht. Ob bei Urban Junior oder wem auch immer: Wenn die Hände die Gitarre bedienen, dann sind die Füsse nicht zu mehr fähig als einem langweiligen, immer gleich stampfenden Bumm-Tschäng-Bum-Tschäng undsoweiterundsofort.) Golightly hat eine gute Stimme, zwischen schön und Whiskey pendelnd – ebenso ihr Bühnenpartner. Aber es lag wohl an den Songs und den immergleichen trögen Songstrukturen, dass die Konzentration im Saal merklich nachliess. Nein Halt, gegen Ende kam Delaney Davidson für einige Songs nochmals auf die Bühne, und der Auftritt nahm wieder eine erfreuliche Wende, den man ihm schon nicht mehr zugetraut hätte. Es brauchte freilich nicht viel: Mundharmonika und seine Stimme. Seltsam.

(Nachtrag zur Benotung: Vier Punkte für Delaney Davidson, zwei für Holly Golightly – ergibt Summa Summarum deren drei)