Von hohen Bässen, grossen Stimmen und Über-Iglus – Melissa Auf der Maur in der Schüür und Annamateur im Kleintheater

<a href="http://www.kulturteil.ch/wp-content/uploads/2010/12/AufderMaur3.jpg"><i… class="alignright size-thumbnail wp-image-7443" src="http://www.kulturteil.ch/wp-content/uploads/2010/12/AufderMaur3-150x150…; alt="" width="105" height="105" /></a>

<em>Gleich zwei grosse Damen halfen dieses Wochenende, den Winter zu ertragen. Rockig in der Schüür, grossvokal im Kleintheater. Gondolfsky war doppelt hingerissen und hegt jetzt ernsthafte Heiratsabsichten.</em>

Von Girafo Gondolfsky

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Melissa Auf der Maur, kurz MAdM, kennt man vielleicht von ihrer Zeit bei Courtney Loves Band <a href="http://www.holerock.net/&quot; target="_blank">Hole</a>, vielleicht auch von ihrem kurzen Stint bei den <a href="http://www.smashingpumpkins.com/&quot; target="_blank">Smashing Pumpkins</a>. Seit 2003 ist sie mit <a href="http://xmadmx.com/&quot; target="_blank">Auf der Maur </a>solo unterwegs und beehrte nun mit ihrer neuen Platte im Gepäck die Schüür. Die Band spielt im klassischen Rock-Line-up (zwei Gitarren, Bass und Schlagzeug), und <a href="http://www.kulturteil.ch/wp-content/uploads/2010/12/AufderMaur1.jpg"><i… class="size-medium wp-image-7444 alignleft" src="http://www.kulturteil.ch/wp-content/uploads/2010/12/AufderMaur1-224x300…; alt="" width="202" height="270" /></a>beinahe klassisch ist auch der dargebotene Rock: meist hart, eher schlicht in Struktur und Dynamik, aber ungemein druckvoll.

Die hübschen Jünglinge an den Gitarren und am Schlagwerk verrichteten ihren Job sehr ordentlich, meist übernahm eine der orchestral aufspielenden Gitarren auch die tiefen Frequenzen, weil MAdM des Öfteren gar nicht bassierte, nur mit der Linken auf die Saiten hämmerte oder dann so viel Chorus auf dem Instrument hatte und in so hohen Lagen spielte, dass man den Bass kaum als solchen wahrnahm. Optisch allerdings gingen die Buben unter – lags an der Lichtregie oder doch an der überwältigen Bühnenpräsenz Auf der Maurs, dass männiglich nur Augen für sie hatte? Ach, wie die rote Mähne flog, wie breit die Beine standen! Jeder Move eine Pose, und doch war da nichts Aufgesetztes, nichts Gekünsteltes; MAdM wirft mit links alle Klischees von wegen Frauen und Rock ’n’ Roll über den Haufen – ganz grosses Kino.

MAdM führte wort- und gestenreich Publikumsdialoge zwischen den Songs, lobte die Schönheit des Landes, fand, «it’s good to be connected». Und <a href="http://www.kulturteil.ch/wp-content/uploads/2010/12/Sippe.jpg"><img class="alignright size-medium wp-image-7450" src="http://www.kulturteil.ch/wp-content/uploads/2010/12/Sippe-300x224.jpg&q…; alt="" width="240" height="179" /></a>connected war sie tatsächlich: Sie hat Schwyzer Wurzeln und hatte den Tag bei ihren Ahnen verbracht, war gar auf die Rigi gefahren. Und sie hatte die meisten verbliebenen Auf der Maurs aus Brunnen mitgebracht, sie waren freundlicherweise an den einheitlichen T-Shirts mit dem Familienwappen zu erkennen. MAdM nannte sich fortan den ganzen Abend nur noch «Uff dr Muur».

Die Musik, wie erwähnt, meist von klassisch-harter Überzeugung, mit gelegentlichen überraschenden Timewechseln, ab und zu unerwarteten <a href="http://www.kulturteil.ch/wp-content/uploads/2010/12/AufderMaur2.jpg"><i… class="size-medium wp-image-7447 alignleft" src="http://www.kulturteil.ch/wp-content/uploads/2010/12/AufderMaur2-300x224…; alt="" width="240" height="179" /></a>harmonischen Ausflügen, mal an die Doors gemahnend, mal an Black Sabbath auf Valium. Am stärksten eigentlich immer dann, wenn die Band die Struktur der Songs aufbrach und zu einem Improritt ansetzte. Dann ein eigenartiger Fremdling im Programm, das gar pathetische <a href="http://www.youtube.com/watch?v=ZUIAwHydpKQ&quot; target="_blank">«Father’s Grave»</a>, ihrem 1998 verstorbenen Vater zugeeignet, gesungen im Duett mit Glenn <a href="http://www.myspace.com/danzig&quot; target="_blank">Danzig </a>– die Band verliess die Bühne, Musik wie Duettpartner kamen ab Band. Schräg in diesem Kontext.

So einnehmend MAdM auf der Bühne auch ist und wie viel Drive die Band auch an den Tag legte, stimmlich waren ihr deutliche Grenzen gesetzt, was aber durch gut einstudierten mehrstimmigen Gesang der Jünglinge mehr als wettgemacht wurde.
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Von stimmlichen Grenzen in welcher Form </strong>auch immer kann bei der zweiten Grande Dame dieses Wochenendes hingegen in keinster Weise gesprochen werden. Im Gegenteil: Selten hat man je so viel vokale Brillanz, so perfekte Kontrolle und einen derart ausgeprägten Registerreichtum um die Ohren gehauen bekommen wie von Anna-Maria «<a href="http://www.annamateur.de/cgi-bin/?id=2&quot; target="_blank">Annamateur</a>» Scholz, die mit ihren Aussensaitern im Kleintheater gastierte. Ganz und gar unerhört! Dargeboten wurden eigene Lieder und Covers von bekannten Hits, diese waren aber aufs gar Köstlichste verfremdet. Zum Beispiel der Heuler <a href="http://www.youtube.com/watch?v=RhlJZdQDz5E&amp;feature=related&quot; target="_blank">«Memory»</a> aus «Cats», der noch mehr kitschtriefte als ohnehin, welcher Kitsch aber immer wieder durchbrochen wurde durch schnellen Vorlauf; Sängerin wie Band verdreifachten das Tempo ganzer Passagen und änderten auch die Tonhöhe entsprechend. Überhaupt, die Band: Eine Nylonsaitengitarre (Samuel Halscheidt) und ein Cello (Stephan Braun), dazu diese göttliche Stimme – mehr brauchts nicht.

<a href="http://www.kulturteil.ch/wp-content/uploads/2010/12/IMG_4517_490x368.jp… class="alignleft size-medium wp-image-7451" src="http://www.kulturteil.ch/wp-content/uploads/2010/12/IMG_4517_490x368-30…; alt="" width="300" height="225" /></a>Allerdings macht die Musik nur etwa die Hälfte des Programms aus, ein Auftritt von Annamateur bedeutet immer auch Cabaret von besonders sperriger Sorte. Sie inszeniert Bandkonflikte, die in bester Eso-Tante-Manier gleich wieder löst, auch wenn dazu die Bühne in eine imaginäre Blumenwiese verwandelt werden muss und man ein ganzes Lied auf dem Rücken liegend zu spielen hat, und berichtet von ihrer Vergangenheit als Groupie («Bandmatratze») und von anderen haarsträubenden Begebenheiten aus dem supponierten Leben der Kunstfigur Annamateur. Ungemein nervtötend und gnadenlos komisch präsentiert und von Braun und Halscheidt, beides nebenbei herausragende Instrumentalisten, mit bewundernswertem Stoizismus ertragen.

Schwierig, die Vielfalt des Abends in Worte zu fassen, lassen wir Madame doch selber sprechen:
« Sie ist das Beste, was einem Publikum passieren kann. Antidiva, Alphaweibchen, naturstoned - mit ihrem Mordsorgan, entwaffnender Persönlichkeit und enormer Wandlungsfähigkeit zieht sie ihre Zuhörer im Nu in ihren Bann. Ihre Abende sind theamusikalisch, ihre Lieder musitralisch. Sie zersingt Bandbreiten, passt in keine Schublade – optisch nicht, und schon gar nicht musikalisch. Sie improvisiert und interagiert mit dem Publikum. Immer spontan, immer anders.»

Sie wird wiederkommen: Gehet hin und schwelget!

Begnadet Blockflöte spielt sie übrigens auch.

<strong>Dieses noch: </strong>Seit Längerem beglückt uns die Schüür mit immer neuer Gartengestaltung. Den Sommer über waren wir in Afrika, jetzt hat man entschieden, sich so weit nördlich wie möglich zu begebenn und ein überdimensionales Iglu errichtet. Von aufwendiger Konstruktion und mit gut bestückter Bar versehen, allerdings nur unregelmässig geöffnet – und leider auch Nichtraucher. Der Besuch lohnt – und ebenso der Blick in die Baudokumentation.

<a href="http://www.kulturteil.ch/wp-content/uploads/2010/12/Iglu1.jpg"><img class="aligncenter size-medium wp-image-7452" src="http://www.kulturteil.ch/wp-content/uploads/2010/12/Iglu1-300x224.jpg&q…; alt="" width="300" height="224" /></a>