Vielfalt auf einem Haufen – Stanser Musiktage

Stans ist wieder, erfreulicherweise. Noch bis und mit Sonntag ist Musik in der Luft, auf Bühnen, in Kirchen und natürlich in den Zelten. Wir sind dienstlich durch Dorf gespurtet, um den Hauch der ungeheuren musikalischen Vielfalt zu erhaschen.

Erfunden wurde es vor zehn Jahren in Bern, das Hang. Da kann man es kaufen. Getan hat es etwa auch Nick Mulvey, der am Dienstag zum ersten Mal in der Schweiz ist, im Verbund mit Portico Quartet, den eben vier jüngeren Jazzcracks aus London, die im Theater an der Mürg spielen. Drei Hangs, mit Filzsticks geschlagen, kommen im Konzert zum Einsatz. Das erinnert von Ferne, aber nur von ganz weit her, an Steeldrums, allerdings sind es, wenn schon, konvexe, nach aussen gestülpte, Wok-artige Metall-Konstruktionen mit Dellen drin, die einen ureigenen Klang erzeugen lassen. Mit Kontrabass, Sax, Drums, gelegentlichen Loops und einmal Glockspiel zaubern die vier von der Themse fliessende und auch mal stürmische Wassermusik auf die Bühne, mit einer Indie-Attitüde, die natürlich vom Jazz kommt, am Ende aber nicht mehr in diese Schublade passt. So, angesichts von Portico Quartet, könnte man glatt zum Jazz konvertieren. Bereits am Eröffnungsmontag hats Leute, trotz doch recht kühler Aussentemperaturen (aber trocken). Sie haben, zusammen mit der Musik allenthalben, das Dorf fest im Griff, das sich auch zum Festort wandelt. Die Musik-Aficionados sind da, aber auch die Dorfjugend ist schon wacker auf den Beinen. Es beginnt im Chäslager mit Frauenduojazz der eher verhaltenen, sogenannt lyrischen, also tendenziell ungroovigen Art: Piano und Sax mit Laut und Luise alias Rahel Thierstein und Araxi Karnusian, deren aktuelle CD sinnigerweise «Neuschnee» heisst. Aus Frankreich, mit haitisch-kanadischem Hintergrund, ist Mélissa Laveaux ins Nidwaldnerische gekommen, um mit ihrem ureigenen Gitarrenspiel, einer kräftigen Stimme und einem Trio in Rockbesetzung Worldmusic zu bringen, die den Süden mit dem Norden versöhnt. Im Kollegi-Saal sorgt das schon mal für Begeisterung. Am Montag den Weltmusikzelt-Auftakt machen Jane Walton, immerhin zu einem Sechstel luzernerisch besetzt (guess who), sie fahren zügig auf mit ihrem RumpelSpeedPolkaCircusTrashPunk (Selbstbeschrieb). Noch wird nicht gross getanzt, obwohl es Tanzmusik wäre. Noch etwas verhalten ist die Stimmung im übrigens dieses Jahr grössenmässig aufgerüsteten Zelt.

Eine Fuhr gibts am Dienstag im Kollegi vor vollem Haus. Zu Gast sind acht aus Peru unter dem Namen Novalima. Wir zählen allein dreimal handgemachte Perkussion, dazu kommen die Beats und Bässe und Bläser, die ab Maschine mitlaufen, Bass, Keyboard, Gitarre, Gesang. Peru einmal garantiert panflötenfrei. Angereichert mit Visuals (tanzende Menschen, Ketten), kesselt und kübelt diese vielschichtige Musik, die die einschlägigen Stile wie Salsa und Son, aber auch Reggae verschmilzt. Es ist schwarz grundierte peruanische Musik von heute, die vor allem eines ist: Rhythmus. Und das nicht zu knapp. An mehreren Orten hats Kunst. In der HörsehBar sind die ganze Woche etwa die Geschwister Claudia und Christian Bucher (ihn kennen wir u.a. als Drummer von Portobello) zugange, mit einer Wasserkaraffenperformance mit überraschendem Ausgang. In den Beizen wird getourt, da hats Ländlermusik ebenso wie (im «Tell») Trio-Musik mit Ricardo Regidor. Im «enwee»-Zelt hinter dem Kollegi ist wie immer Jugendkultur angesagt. Die Friedli & Fränz Kilbimusig verpassen wir, weil die Äntlibucher etwas spät beginnen. Apropos spät: Mit einem Konzertticket oder dem die ganze Woche gültigen Pin gehts heuer locker und gratis per ÖV heim, um 1 Uhr (FR/SA auch noch 2.30) fährt der Sonderzug in die Stadt zurück. Nicht zu vergessen: Kutti MC macht wie letztes Jahr wieder «Introductions», Ansagen, die schön flowen in einer Mixtur zwischen recherchierten Fakten und Fabuliererei.

Bis 18. April, www.stansermusiktage.ch