Staircase from above – Martina Linn im Treibhaus Luzern

Treibhaus Luzern, 4. Mai, 22:00. Die Singer/ Songwriterin Martina Linn, verzauberte gestern die Zuhörer mit ihrer ersten EP «Staircase From Above». Eine würdige Taufe mit viel Charme.

(Von Simon Meienberg)

Sie ist 20 Jahre jung und kommt aus La Punt. Ein kleines Dorf im Engadin, bei dem der «Halt auf Verlangen»-Button im Zug noch eine Daseinsberechtigung hat. «Und das isch scho sehr speziell» meint Martina Linn im Bündner-Dialekt. Aber wie klein und beschaulich ihr Herkunftsort auf den ersten Blick auch scheinen mag, der Schein färbt nicht auf Martina Linn ab. Martina Linns Stimme ist ein geschliffener Diamant. Emotionen finden in ihrem Gesang ein Ventil und füllen den Raum mit einer wohlig-warmen Melancholie. Mit beiden Füssen steht sie fest am Boden und wirkt dennoch grazil und elegant. Einzig die Stimme verleiht ihren Gefühlen Flügel. Gestern Abend begleitete ein ausgewähltes Team an Luzerner Musikern Martina Linn mit ihrem EP-Erstling «Staircase from above» zum Taufbecken. Andi Schnellmann zupfte den Bass (Henrik Belden), Christian Winiker griff in die Saiten der Gitarre (ebenfalls) und Vincent Glanzmann bearbeitete die Drums (Franky Silence & Ghost Orchestra). Country-Folk vom Feinsten. Und das Treibhaus zeigte sich diesmal von einer ungewohnten Seite. Für einen Abend tauschten die Veranstalter Lasershow gegen Kerzenlicht, Indie-Band gegen Singer/Songwriterin und Stehplätze gegen Tische und Stühle. Es entstand eine Art Wohnzimmer, in dem die Distanz zur Band aufgehoben wurde. Wer sich darin in Sicherheit wog, wurde aber bald aus seinem Sessel gerissen. Denn so süss der Name und die Stimme auch klingen mögen, so viel Kraft entlädt sich in ihrer Entfaltung. Ich spreche hier von echten Gefühlen und echten Emotionen. Nichts trübte das Bild in seiner Entstehung vor dem Inneren Auge. Weit über die Berge in die Ebene hinaus trägt uns die Stimme von Martina Linn. Die plötzliche Freiheit läuft einem wie ein kalter Schauer über den Rücken. Mit dem Lied «Out of Place» nimmt Martina Linn uns mit auf eine Reise. Wohin geht es? Dieses Geheimnis verbirgt Martina Linn in ihren poetischen Texten. Das Publikum steigt ein, der Zug setzt sich langsam in Bewegung und die Landschaft zieht immer schneller vorbei. Bis sich die intensiven Farben und Geräusche von Berg und Bach mit dem Himmel vermischen. Eine Ästhetik, von Hand geformt und sorgsam in die Ohren der Zuhörer gelegt. Die Zeiger der Uhren stehen für eine kurze Zeit still, wie um den Moment fest zu halten. Wahrscheinlich könnte man noch Stunden den Klängen von Martina Linns Stimme lauschen, wäre da nicht der Umstand, dass just in dem Augenblick das Licht angeht.