Some’s for the best

Some’s for the best and some’s for the rest: Wieder war Urteilsvollstreckungszeit in Sachen einheimisches Musikschaffen. Am Mittwoch in der Schüür, die Jubiläumsausgabe des allseits beliebten Radio-3fach-Events «Kick Ass Award Gala». In der zehnten Runde war mottomässig Zirkus angesagt. Hier das Protokoll.

(Sam Pirelli: Bilder)

Same procedure as every year? Doch nicht ganz, oder dann fast. Fangen wir hinten an, dann konnten sich Alvin Zealot über den Kick Ass Award 2010 zu Recht und nur verdientermassen freuen. Ihr Song «Bricks Over Bricks» war der beste. Beziehungsweise, etwas Relativitätstheorie, eine Mehrheit hatte dafür gevotet, urdemokratisch per SMS. Aber manchmal hat eben auch die Mehrheit Recht. Sänger Beni Bucher freute sich, mehr übrigens über diesen Award als über den Titel «Kulturkopf des Jahres», den ihm das ehrenwerte «Kulturmagazin» soeben inklusive Titelbild verliehen hatte. Es gab übrigens einen neuen Award in Gestalt eines beschrifteten Eisbären (wie gewohnt gestaltet von Nina Steinemann – Applaus). Da der bisherige Award letztes Jahr bekanntlich und feigerweise entführt worden war, brauchte es einen neuen. Per Veloschloss am Schüür-Gestänge befestigt und bewacht, stand der Eisbär da, bis ihn ein gewisser Beat Schlatter in der Funktion eines Security-Manns befreite, um ihn als Award-Götti den Siegern im Konfetti-Regen überreichen zu können. Wie das? Schlatti spielte doch im Kleintheater. Ganz einfach: Der Zürcher Komiker und Ex-Punk ist nachweislich ein grosser Luzern- und «Kick Ass Award Gala»-Fan, der es sich nicht nehmen liess, nach der Vorstellung eigens und stracks in die Schüür zu eilen, um da den Götti zu spielen.

Zurück zum Anfang. Circus-mässig lautete das projizierte Motto «Vagabonds & Circus Clowns», Chefmoderator David «Big Baby» Roth zeigte sich standesgemäss in Sprechstallmeister-Montur (inkl. Zylinder), derweil der Neue sich auch nicht lumpen liess: Andreas «Andy» Gantner gab den moderatorisch debütierenden versierten Farmer in Latzhosen-Kluft; seine Accessoires waren wahlweise eine Heugabel und ein Flinte, die er nicht ins Korn warf (sondern mal 3fach-Musikchef Stibe Zihlmann an die Gurgel hielt). Monsieur Deville verzichtete heuer auf das Moderatoren-Amt und liess sich im Zusammenhang mit dem Award «rockstarigster Babyname» in einer Videobotschaft im Familienverbund verlauten. Wobei das lauteste das Baby war, vorlaut, lauter Gebrüll vor laufender Kamera, und laut Jury gewann es eben dank dem originellen Namen «Rocko Napoleon».

Zirzensisch ein Zwischen-Act, zwei Tortellini-Artisten mit Diavolo-Jonglage, die Zirkuskapelle war auch stets tönend zur Stelle (der Name: The Swinging Sponge). Unprätentiös im Kurzinterview Künstler Wetz, seines Zeichens Besitzer des ausgemusterten Landessenders Beromünster, worüber 3fach aus technischen Gründen nun leider nicht in den Äther geschickt werden kann.

Er ist jetzt mehrfacher Millionär, wenigstens steuertechnisch gesehen. Das Geheimnis seines Erfolgs? «Ech ha eifach Glück gha.» Wetz war Götti für den besten Zmittag-Award, bei dessen Evaluierung sich eine 3fach-Jury dank eines exorbitanten Spesen-Budgets durch die einschlägigen Beizen gefressen hatte. Sieger: Treibhaus. Die nicht üble Südpol-Küche war auch nominiert. Anlass für Oberdompteur Roth, sich und den Anwesenden die Fragen zu stellen: «Isch scho mol öpper det gsi? Weiss öpper, won er isch?» (Später, kleiner Einschub, wird sich ein gewisser Herr Anliker, Künstlername Baze, zweifellos der beste aktuelle CH-Rapper, über Lozärn-deutsche SMS-Botschaften ernsthaft mokieren, wenn da geschrieben stünde: «Mer send.» Bitte nicht mehr so Sätze mit «e» drin schreiben, so sein Anliegen).

Weiter im Text. Es gab musikalische Bilder, das Video von Dans La Tente war an der Reihe, gleichzeitig ja Auftrag und Verpflichtung für Sieger (die letztjährigen), eben ein Video mit der Preissumme von CHF 3000.– zu realisieren: «As Long As The Heart Keeps Beating». Moderator A.G. durfte sie ankündigen: «Man nennt sie auch die Margaret Thatcher von Luzern: Rosie Bitterli.» Nicht verraten wollte die städtische Kulturchefin, wo der Boa-Ersatz zu stehen komme (so die schalkige Frage von Parlamentarier Roth). Wieder kams zu einem Award-Zeuseln (es waren Figuren und verkappte Tischbomben), diesmal beim «Ruben Marbacher»-Award: Auf reine Vermutungen hin wurde dabei jene Person der Tat bezichtigt, die den Haupt-Award letztes Jahr entwendet hatte (und mit welchen niederen Motiven). Sieger: Rapper EMM. Die Strafe lautete in schönster Lynchjustiz Tod durch Erhängen, sodass die Vollstreckerin Bitterli den gar nicht mundfaulen EMM per Galgen in die ewigen Jagdgründe schicken konnte. Berner Gast im Showblock war im Anschluss mit Minimal-Mundart-Musik King Pepe mit u.a. dem Kultsong «Büssi» (das anders ausgesprochen wird). Pause. Herr Roth hatte ihre «drei Eckdaten» (aka Body-Masse in Zentimetern) auswendig gelernt: Die amtierende Miss Schweiz, die hiesige Kerstin Cook, spielte beim «Bestes Album»-Award Gotte.

Eine Gelegenheit, die sich Banjoman G. nicht entgehen liess, und flugs intonierte er coram publico ein Liebeslied, welcher Vortrag ihm einen süssen Lohn brachte in Form von Von-Miss-Schweiz-geküsst-Werden. In Personalunion konnte der Moderator sich dann ins Gruppenbild einreihen, wurde doch das nostalgische Konzeptalbum «The Spice River Valley Radio Show» seiner Würzenbächler Old-Time-Bluegrass-Truppe Ophelia’s Iron Vest von der Fachjury auf Platz 1 gehievt. Cyril Schmid, der Medienstar aus «Jung, wild und sexy», war Götti beim «Toro Embolado»-Award, was bedeutete, dass in der Negativ-Auswahl die Werkbeiträge von Kanton und Stadt Luzern dran kamen (Neid und Missgunst walten, Hattrick-Siegerin Heidi Happy wurde da genannt mit zusammengezählter Preissumme; vor allem aber natürlich: das beziehungsdeliktische angebliche Gemauschel bei der Vergabe des aktuellen Pop-Werkbeitrags an Baby Genius aka Ivo Amarilli). Cyrils Erfolgsrezept, um, im Gegensatz zu all den Luzerner Bands, ins Fernsehen zu kommen: «Sich selber bleiben.» Als Nicht-Berner Show-Act dann noch Saalschutz, das Electro-Punk-Duo aus Zürich. Es war in friedlicher Absicht gekommen. Schon bald war Schluss, so schön es auch diesmal wieder war. Freuen wir uns auf the same procedure as next year.

The Awards Overview: Bester Song 2010: 1) «Bricks Over Bricks» von Alvin Zealot 2) «The Night I Learned How To Waltz» von Ophelia’s Iron Vest 3) «Barbiedoll» von My Baby The Bomb

Bestes Album 2010: 1) «The Spice River Valley Radio Show» von Ophelia’s Iron Vest 2) «Tears of St. Lawrence» von Alvin Zealot 3) «Call Me A Stealer, Call Me A Thief» von Monotales

Bestes Kulturzmittag: 1) Treibhaus 2) Südpol 3) Café Meyer

«Rockstarigster» Babyname: 1) Rocko Napoleon (Eltern: Simone Kern und Dominic Deville) 2) Mena Sofie (Eltern: Selina Schürch und Lukas Linder) 3) Eddie (Eltern: Guido Röösli und Frau)

«Wer ist Ruben Marbacher?»‐Award: 1) EMM 2) The Dandies 3) Marc Rambold

Toro Embolado Award 2010: 1) Werkbeiträge Kanton und Stadt Luzern 2) Bar 59 Homepage 3) Radio Pilatus