Scott «The Voice» Matthew in the house

Schüür, Sonntag, 10.11.2013: Der Besuch des Australo-Amerikaners Scott Matthew entpuppte sich vielleicht zum Konzert des Jahres. Im Trio spielte er ein Programm hauptsächlich aus seinem Cover-Album «Unlearned». Wunderbar.

Schon das Vorprogramm hat es in sich: Gekommen ist der Basler Baum, diesmal nicht mit ganzer Band, sondern «nur» mit Vibrafonist/Perkussionist (und indisches Hand-Harmonium-Spieler) Marcel Vogler. So war das Setting bestellt für einen intensiven Vortrag, bei dem eine Gitarrenpanne (Batterie) halt dazu genutzt wird, dass Gesang und akustische Gitarre sich ein einziges Mikrofon teilen. Geht auch so, in erhöhter Steillage. Es geschieht just beim eindrücklichen Cover «I Shall Be Released», das Bob Dylan vor Ewigkeiten und für die Ewigkeit geschrieben hat. Ganz neu im Repertoire: «Old Oak Standing», eine Hommage an den an Krebs erkrankten Vater. Zum Schluss darf ein anwesender We-make-it-Donator einen Song wünschen. Es ist «Sad». Müsste man mal in ganzer Konzert-Ausgiebigkeit erleben. Dann kam er: Scott Matthew, mit gezöpfeltem Haupthaar, Rauschebart und Weinglas, natürlich auch mit Ukulele, Gitarre und umschnallbarer Mundharmonika. Und mit Stimme. Und was für einer. Der schwermelancholische Sänger besitzt eigentlich eine feine Stimme, die aber zu ungeheurem Ausdruck fähig ist. Da hilft ihm seine Gestik, wenn er auf dem Hocker selber ohne Instrument stimmlich intoniert. Es ist eine Freude. Wiederholt betont Matthew, wie wohl es ihm hier sei, keine Selbstverständlichkeit. Der Ort, die Schüür-Menschen. Alles tipptopp. Am Vortrag in Yverdon, lernte der gebürtige Australier, dass man im selben Land mehrere Sprachen spricht. «Merci» dort, hier «Danke Luzern». Sie sind an diesem Abend zu dritt, Tasten und Gitarre komplettieren das Trio. Kitschig wird’s nie, weil es echt ist: Matthews Verhältnis zu den Songs, die er covert, stammt aus seinen Jugendjahren, das sind All-Time-Lieblingslieder dabei, wo man bisweilen staunt. Es fängt mit «To Love Somebody» (Bee Gees!) an und kann bis zu «Annie’s Song» (John Denver!) gehen. Bravourös auch Neil Youngs «Harvest Moon» in seiner ureigenen Interpretation, und wer hätte gedacht, «I Wanna Dance With Somebody» (Whitney Houston!) könne auch unpeinlich klingen? Hier tut es der Song. Oder «Total Control» von den US-New-Wavern The Motels, als Single anno 1980 in den australischen Charts. Oder «mein absoluter Lieblingssong», überraschend: «Smile», von einem gewissen Charles Chaplin! Am Nachmittag hatte er auf Radio 3FACH schon verraten, dass er vor allem aus dem «Unlearned»-Repertoire spielen werde am Abend und «pepper up the set with older songs». Solche eigenen kommen dann auch. Und beeindrucken nicht minder («Friends And Foes», «Little Bird» u.a.). Alles ist wunderbar und wundervoll und von seltener Eindringlichkeit. Zweimal gibt’s am Schluss standing ovations (der vordere halbe Schüür-Teil ist gestuhlt). Matthew dankt aus vollem Herzen. Soll er wiederkommen.