Schönes neues 20. Jahrhundert

Die Theatergruppe mit dem lustigen Namen Fax an Max lud am Donnerstag zur ersten von zwei Aufführungen von Louis-Ferdinand Célines Fortschritt. Grossartiges Theater im Südpol.

Sollten Sie nicht so viel Zeit haben, springen sie einfach direkt zum letzten (Ab-)Satz. Das ist nämlich der einzige, in dem etwas Relevantes steht. Hier, was man mit Gewissheit über Céline sagen kann: Eigentlich hiess der Mann Destouches, was auch nicht männlicher als Céline klingt, lebte zwischen 1884 und 1961, wurde mit dem bahnbrechenden «Reise ans Ende der Nacht» (1932) berühmt und mochte die Deutschen lieber als die Juden. So. Etwas früher als sein berühmtestes Werk, 1927 nämlich, entstand das Theaterstück «Fortschritt», welches zu Zeiten der Weltausstellung in Paris beginnt und seine Figuren einander, sich selbst und der Notwendigkeit, sich in einer neuen Zeit zurechtzufinden, aussetzt. Da ist eine Familie. Die Matrone, Mann tot, nervt man eben Tochter und Schwiegersohn mit dauernden Besuchen. Die Tochter, unterwürfigst verliebt in den Gatten. Der Gatte, vom Leben komplett überfordert, angstzerfressen. Da ist ein Mann an einem Schreibtisch und hackt auf ein Buch ein, Wiedergänger des Autors, der sich später zum verklemmten nachbarlichen Junggesellen wandeln wird. Da ist die alte Musikerin, schwebt wie ein Geist umher. Da ist das Dienstmädchen, von einem Mann gespielt, stets schweigend und zu Diensten. Da ist eine neue Welt, Schreibmaschinen, Kino, Radio. Da sind Verzweiflung und Wahnsinn. Da ist ein grandioses Bühnenbild, da sind fantastische Schauspieler (besonders hervorzuheben: die ganz gross aufspielenden Christoph Rath und Samuel Streiff). Da stimmt einfach alles. Und da ist noch eine Vorstellung. Wenn Sie heute Freitag noch nichts vorhaben und Lust auf Theater haben, dann gehen sie gefälligst hin.