«Schade, bin ich nicht in einem richtigen Stück!» - «Die Rückkehr der Bümpliz» im Kleintheater

Lang hat man warten müssen, bis einer der begnadetsten Schweizer Theaterautoren Luzern wieder beehrte. Und «Die Rückkehr der Bümpliz», gespielt von Das Trainingslager, vermag alle Erwartungen noch zu übertreffen!

(Von Sam Pirelli)

Riesig sieht sie aus, die Kleintheater-Bühne, sie wurde erheblich in den Publikumsraum erweitert, um Platz zu bieten für das eindrückliche Bühnenbild (Beni Küng): eine sich nach hinten verjüngende, vollständig verspiegelte Box, so klaustrophobisch wie futuristisch. Wir befinden uns auf der Brücke der Bümpliz, eines Raumschiffs, das im Jahr 2201 vom internationalen Weltraumbahnhof Bern-Belp aufgebrochen sein wird, um dreissig Jahre lang die Galaxie zu erforschen – angesichts der schieren Grösse der Milchstrasse ein unmögliches Unterfangen – «wenn man sich vorstellt, die Milchstrasse sei so gross wie die Erde, dann haben wir dreissig Jahre damit verbracht, ein einzelnes Haus zu untersuchen. Doch was heisst ‹Haus› – wir haben dreissig Jahre lang im Schlüsselloch der Toilette fremde Kulturen erforscht.» So fasst es Cura zusammen, die aufmerksamkeitsbegierige Pflanze (charmant lispelnd und hinreissend schön: Sarah Hostettler), die die Crew von einem sterbenden Planeten als Souvenir mitgebracht hat und die kommentierend durch den Abend führen wird.

Die Bümpliz fliegt nun zur Erde zurück, ist aber auf der Reise in ein Zeitloch gefallen und landet im Jahr 2010 in unserer Umlaufbahn. Die Vereinigten Schwitzerstaaten von Europa GmbH existiert noch nicht, und nun wird einem auch eines der Leitmotive bewusst, wenngleich es recht behutsam angegangen wird: die Angst vor dem Fremden – dem Raumschiff wird die Landung verwehrt, die Besatzung von einem Space-Shuttle-Piloten namens Hindelbank (Hans Rudolf Twerenbold) verhaftet. Dabei hätte die multikulturelle Crew doch Probleme genug: Der Commander, Streuli (Ingo Ospelt), ist seit sieben Jahren nach einem verunglückten Jungbrunnen-Selbstversuch «verstarrt», die Tranquilizer sind alle, das Essen geht aus, niemand weiss, was zu tun ist. Auch mit dem Professor (Roland Bonjour) steht es nicht mehr zum Besten – nichts vermag den Commander aus seiner durch den Professor verschuldeten Verstarrung zu retten –, und des Commanders Frau, Prinzessin Droo (Vivianne Möösli, ebenfalls ein Mitbringsel von einem fernen Planeten), und ihr Sohn, Tilsiter, versuchen vergeblich, etwas standesgemässe Noblesse aufrechtzuerhalten. So viel vorweg: Es kommt nicht ganz zum Happy End. Doch anderthalb Stunden gar köstliche Unterhaltung werden einem geboten. Jens Nielsens Sprachwitz ist legendär, und Das Trainingslager vibriert unter der Regie von Antje Thoms vor Spielfreude. Einem Bilderbogen gleich werden Fakten zum Weltraum mit Anekdoten von der langen Reise gemischt, es wird geliebt, gemordet, verzweifelt und viel gelacht – auch und gerade im Zuschauerraum. So dick wird die Absurdität aufgetragen, dass man sie mit Händen greifen zu können meint, doch wird es einem leicht gemacht, gepflegte Distance zu wahren – die Metaebenen-Kommentare der liebestollen Pflanze Cura sind darum besorgt. Und auch der dem Zeitloch geschuldete kompetente Einsatz des Futur II tut sein Übriges - Deutsch ist einfach eine lässe Sprache, und in Nielsens Händen erlangt sie neue Höhen. Es handelt sich um das erste Stück aus dem «Heimat»-Quartett von Jens Nielsen, es ist genau heute Donnerstag noch zu sehen. Man darf es auf keinen Fall verpassen, es ist ein erstes Highlight der noch jungen Saison! Freitag und Samstag, 28. und 29. Oktober, folgt Teil zwei: «Keine Aussicht auf ein gutes Ende». HINGEHEN!! [youtube]http://www.youtube.com/watch?v=OoGVNlcJBpM[/youtube]