Ruhe, Gitarren und ein unbesetztes Schlagzeug

In der Schüür gastieren Scout Niblett und Swearing At Motorists und bescheren dem Publikum einen spannenden, aber eher ruhigen Abend.

(Von Gianni Walther)

Der Saal ist nur spärlich mit Menschen gefüllt, als das Konzert beginnt. Dies tut jedoch nichts zur Sache, die Stimmung würde wohl nur noch an Skurrilität gewinnen. Die Bühne ist optisch in zwei Pole aufgeteilt. Links Gitarrenverstärker, Mikrophon und Gitarrist Dave Doughman – rechts Schlagzeug. Ohne und. Joseph Siwinski ist nicht da. Im Hintergrund hängt eine riesige St.-Pauli-Flagge. Wo der Drummer abgeblieben ist, wird man den ganzen Abend nicht erfahren. Mit einer Nebenbemerkung lässt Doughman die Zuschauer wissen, dass das Konzert mit einer kurzen Verspätung begonnen habe, weil er auf seinen Mitmusiker gewartet habe. Dieser sei jedoch nicht aufgetaucht. Während den ersten zwei, drei Songs schleichen nach und nach immer mehr Zuhörer hinein. Ein normales Betreten des abgegrenzten Bereichs in der Dachstube ist beinahe unmöglich: Einige der Zuschauer sind derart von der Musik und der Stimmung im Saal eingenommen, dass sie bei einem etwaigen Husten (oder eben bei nicht still hereinkommenden Leuten) genervte Blicke nicht unterlassen können. Da haben sie auch recht, die Zuschauer. Schlimmer war jedoch die Salsa-Night, die unten stattfand und doch einige ruhige Momente schamlos zu vernichten vermochte. Es fühlt sich so echt an. So natürlich. Wie Singen am Lagerfeuer. Doch nicht in der Gruppe und ohne die besoffenen Zwischenrufe oder die ach so innovativen zweiten Gesangsstimmen. Es fühlt sich so an wie die Momente am Lagerfeuer, in denen nur ein Mensch alleine Gitarre spielt und dazu singt. Alle anderen lauschen gespannt, wie sich die Musik mit dem knisternden Feuer und der frischen Luft mischt. Und der arme Mann, der von seinem Schlagzeuger verlassen wurde, hatte wirklich viel zu erzählen. Aber wie auch am Lagerfeuer mag man nicht den ganzen Abend einer einzigen Person zuhören. Man will mitsingen, schliesslich darf es ja auch mal laut sein. Doch das Schlagzeug bleibt stumm und die Menschen im Saal sind still, bewegen sich nicht. Scout Niblett betritt die Bühne. Ihre Kleider erinnern mich an britische Schuluniformen. Grau und lustlos wirkt sie, vielleicht gar etwas unheimlich. Ganz ruhig steht sie da, ehe sie mit ihrem Set beginnt. Die minimalistischen Arrangements können sich im Giebelzimmer ungehindert in alle Richtungen ausbreiten. Viele Musiker könnten sich von der Britin eine Scheibe abschneiden. Scout Niblett weiss, wie man Pausen einsetzt. Sie weiss, wie man mit Stille Lautstärke erzeugt. Mit nur wenigen Tönen und ein paar gesungenen Zeilen bildet sie ein riesiges Soundkonstrukt, welches trotz der Stille viel lauter nicht sein kann. Es ist Musik, die einen hin- und her reisst. Ob die Musik nach unten oder nach oben zieht, kann ich immer noch nicht sagen. Ich stellte mir die Frage schon oft, dachte, die Antwort würde sich mir am Konzert endlich eröffnen. Leider nein, doch es wars trotzdem wert. Auch Scout Niblett war ohne Schlagzeuger auf der Bühne. Die Songs ergänzen sich dann auch mit Dave Doughmans Set zu einem Abend der Lo-Fi-Gitarren und viel Erzählstoff. Teilweise beginnt beim gemeinsamen Duett der beiden der ganze Abend dann auch zu verschmelzen. Doch nicht ganz: Gegen Ende ihres Konzerts setzt sich Scout Niblett ans Schlagzeug und legt los. Endlich! Endlich! Ich fühle mich erlöst, mein Herz springt herum wie wild. Nach so langer Zeit und viel gelassenem Gitarrenrock kracht es schliesslich so richtig. Und sehen tut man so etwas ja auch nicht jeden Tag: Nur Drums und Gesang. Schön! Nach zwei, drei Songs folgt der Wechsel zurück zur Gitarre und das Konzert endet kurze Zeit später.