Querköpfe/Schrägstrich Schrägheiten

Am Mittwoch war in familiärer Runde Auftakt zur kleinen Kleintheater-Reihe «Querköpfe». Sam Pirelli, Denise Wintsch und Timmermahn präsentierten Müsterchen ihres jeweiligen künstlerischen Schaffens und talkten mit «Tages-Anzeiger»-Redaktor Beat Bühlmann übers Schrägsein.

Mit zwei Witzen hebt es an, um in einen Präriesong überzugehen, gefolgt von politischer Bekenntnisliedermacherei (abgebrochen) selbstreferentiellen Inhalts («Hey Pirelli, du bist ein scharfer Hund» – später: «Schiess dich doch auf den Mond»). DJ, der er stadtbekanntlich auch ist, lässt sich Pirelli nicht lumpen und Vinyl rotieren, auf dass der grosse Georg Kreisler mit Anti-Feministischem hörbar wird sowie Cissy Kraner in den 1950er-Jahren bedauert, sich von Nowak nicht verkommen zu lassen. Apropos Kopf: Einmal schwarzcowboybehutet, dann langhaarfransenperückiert und aber auch kahlschädelig. So die kopfigen Erscheinungsformen von Heimspieler Sam Pirelli. Auftritt Regula, die mit den falschen dicken Beinen, der Perücke und der Seventies-Brille. Auch hier gibt’s Musik, mit Blasbalgen, Melodica und Nasenflöte. Hinter der Maskerade versteckt sich die Stadtzürcherin Denise Wintsch, die ihre Regula am Freitag im Stück «Alle Tage sind Alltage» auftreten lassen wird. Timmermahn aus Bern liest ein grausliches Märli mit Intervention seiner Protagonisten (Hänsel & Gretel), später die umwerfende Sonntagsausfluggeschichte mit dem kotzenden Grosi sowie die umgekehrte Lebenschronik «Won i no alt bi gsy». Aufschlussreich-interessant die Ausführungen von Timmermahn, der vom Malen lebt und eine Gute-Rat-gebende Meret Oppenheim als Nachbarin hatte. «Querköpfe gibt’s nicht im Bernbiet, man sagt einfach Schafseckle», präzisiert Timmermahn, dessen Geheimnis des künstlerischen Erfolgs so lautet: «Man darf nicht dem Erfolg zudienen.» Als Querkopf komme man auf die Welt, «wie ein Zuckerkranker oder ein Alkoholiker». Und: «Man ist sehr viel einsam – niemer het eim gärn.» Verrücken komme, so Timmermahn, von verrücken (er verrückt eine Mineralwasserflasche). Wenn er als Berner etwas in Zürich im Tram die Passagiere in ihre Angespanntheit sehe – «die sind verrückt und schräg». «Journis können nicht Deutsch», hat Pirelli, der Sprach-Polizist, erkannt, womit er Recht haben könnte. Er könne sich im Übrigen nicht daran erinnern, anders als als Querkopf unterwegs zu sein (das heisst: seit immer schon). Das künstliche Brusthaar stülpt er sich flugs als Perücke aufs Haupt, und er erzählt die köstliche Schuhgeschäft-Anekdote, in der eine Verkäuferin den ein Paar Stiefel zierenden Revolutionär Che Guevara als italienischen Schuhdesigner identifizierte (wirklich wahr). Der «Gebrauchskünstler», der seinen Kunstnamen seit 15 Jahren trägt (mit entsprechenden kulturellen und sonstigen Hervorbringungen) hat auch eine Erfolgs- bzw. Nicht-Erfolgserklärung parat: «Eine gewisse Querköpfigkeit wirkt dem Erfolg entgegen.» Denise Wintsch verrät, wie sie beim Zürcher Sechseläuten mit einem selbst gebastelten Ross mitmachte, eine eigene Zunft gründete und es beim nächsten Mal wieder subversiv versuchen will, als Regula selbstredend. Ihre Kunstfigur sei überhaupt nicht schräg – «ich sehe so Menschen 10 Mal am Tag». Und es gehe ihr bei Regula überhaupt nicht darum zu parodieren. Es ist eine anregende Runde über und von Schrägheiten. Gut, lässt Moderator Beat Bühlmann den manchmal abschweifenden Talk-Gedanken ihren Lauf und verzichtet auf die Fragen, die er noch hätte. Die Ergiebigkeit der drei Schrägen erweist sich so als gross genug.

Querköpfe-Veranstaltungen im Kleintheater: Donnerstag, 17.2., 20 Uhr: Rosen für Herrn Grimm. Ein berührendes Stück Theater. Mit: Katja Baumann (Spiel & Konzept), Ueli Bichsel (Regie & Konzept) Freitag, 18.2., 20 Uhr: Regula – Alle Tage sind Alltage. Ein Theaterstück über das Erfinden und Finden des Glücks. Mit: Denise Wintsch (Idee, Spiel), Benno Muheim (Regie) Samstag, 19.2., 20 Uhr: Brigitta Schrepfers Somafon Eigenbrötler – Ein humorvoll bewegtes Plädoyer für die menschliche Artenvielfalt . Mit: Brigitta Schrepfer (Somafon – Choreografie/Tanz) und Christiane Loch (Carambole tanz&theater – Choreografie/Tanz), Markus Schönholzer (Musik), Urs Wehrli (Ursus&Nadeschkin – Dramaturgische Begleitung)