Pyjama vs. Unterhemd

Nun wurde es langsam aber sicher höchste Zeit, dass die Lausanner Larytta hier vorbeischauten. Das Electro-Pop-Duo aus der Westschweizer Musikhochburg spielte gestern im Treibhaus und machte aus dem Saal eine euphorische Tanzveranstaltung. Das lange Warten während der Vorband hat sich also schliesslich sehr gelohnt.

(Von Nina Laky)

Es war im Jahr 2006, als ich mich mit einer Reisegruppe aus Luzern zum For-Noise-Festival nach Pully, Lausanne begeben hatte. Wahrscheinlich bis heute noch eines der sympathesten Schweizer Kleinfestivals ausserhalb Luzerns. Mit einigen Brocken Schulfranzösisch machte man sich dort keine grossen Freunde, so wurden wir dazumals vom Chef höchstpersönlich morgens um wasweissichwas mit dem Satz «Swiss Allemands! Dehors!!» verabschieded. Das war nicht sehr nett, aber angesichts dem fantastischen Programm, welches eben dieser Mann auf drei Bühnen zusammenstellte, völlig legitim. Neben den Bands Why?, Motorpsycho, Fisherspooner und Art Brut stand selbst ein Yann Tiersen in Pully und spielte direkt nach Lamchop. Damals dort entdeckt: Larytta. Hinter den Maschinen stehen Christian Pahud, der Schlagzeuger von Honey For Petzi, und sein Kollege Guy Meldem. Seit ungefähr vier Jahren sind sie mit ihrem Avant-Pop unterwegs. Nach der LP «Larytta» aus dem Jahr 2006 kam lange nichts mehr, und man musste schon befürchten, die zwei Herren seien andersweitig beschäftigt. Aber nein. Sie liefereten letztes Jahr ihre neue Scheibe «Difficult Fun» nach, zurecht als eines der besten Schweizer Alben des Jahres bezeichnet. Das ganze sollte man sich aber live zu Gemüte führen. Nach zwei Jahren Larytta-live-Abstinenz stand ich also voller Vorfreude im Treibhaus. Musste mir allerdings noch die Vorband anhören und dabei ist mir das Gesicht eingeschlafen. Die Luzerner Zürcher Sissikontest gibts schon länger, der Name sagt mir aber rein gar nichts, genau wie das musikalische Gedudel. Elektronische Sphären mit einer Darth-Vader-ähnlichen Stimme, hineingehaucht in ein Headseat von einem Herren mit weissem Unterhemd und Mütze. Die anderen kann ich nicht beschreiben, weil man sie praktisch nie sah. Als dann die akkustische Gitarre in die Hand genommen wurde und eine undurchsichtige Ambient Stimmung aufkam, verzerrte ich wohl nur qualvoll das Gesicht. Die Pause dazwischen schien fast unendlich und um ein Haar hätte ich den Anfang verpasst.

Ich stürmte pünktlich auf die Sekunde in den Saal. Der eine Larytta-Mensch stand nun in einem Pyjama-ähnlichen Shirt auf der Bühne, doch das sah allemal gut aus. Christian Pahud und Guy Meldem knackten das Publikum spätestens nach dem zweiten Song, es wurde getanzt und geschrien. Mit ihrem experimentellen, handgemachten und schlussendlich auch eben sehr charmanten Elektro-Pop spielte sich Lausanne-Rock-City in Luzerns Rock-Citys-Herzen. Der neusten Wurf heisst «Ya-Ya-Ya» - das Pendant zum Flaming-Lips-Lied «Yeah Yeah Yeah Songs» - und kam so gut an, dass er zur Zugabe wurde. Hätte meinetwegen nicht sein müssen, zumal Larytta härteres und anspruchvolleres auf Lager hätten. Vermisst habe ich meinen Liebsten «Rodeo». Aber auch ohne den hat mich das Konzert wieder gelernt zu tanzen und elektronische Musik mit akkustischer Gitarre zu verschmähen. Der DJ hatte nach einem solch fulminaten Konzert einen schweren Stand, war er doch extra aus Uruguay (!) angereist. Hernan Gonzales aka DJ Cooptrol liess die Platten noch kreisen, aber da bin ich schon gegangen. Getanzt hatte ich ja.