«Noch was frei hier, Spinner?» «Klar, Flittchen.»

Die Reihe Kellergeräusche in der Gewerbehalle macht es sich zum Ziel, Musik und Wort zu verbinden. Am Donnerstag übernahm der Berliner Dichter Florian Günther das Sprechen und David Bokel die Tasten.

Man nennt ihn den «Bukowski von Ostberlin». Es ist eine Bezeichnung, die nicht nur dem Bedürfnis nach Schubladen und Einordnung entspringt. Florian Günther, der in seiner Stammkneipe einen mit einem Messingschild gekennzeichneten Platz hat, ist ein Chronist des schmutzigen Friedrichshain, ähnlich wie Charles Bukowski ein Chronist des kaputten Los Angeles war. Bei beiden spielt der Suff immer wieder eine Rolle, die Verlierer, die Frauen (oftmals Prostituierte) und der Kampf darum, irgendwie leben zu können. So verwundert es auch nicht, wenn Günther erzählt, er sei in den Achtzigern durch die Kneipen gezogen und habe seine Gedichte vorgelesen und dazwischen die des Amerikaners rezitiert. Günther aber nur als eine Art zweiten Bukowski anzusehen, täte dem Mann unrecht. Sein Stil ist vielfach dichter und reduzierter als der Bukowskis, pointierter auch. Humorvoll ist vorhanden, aber es ist ein Humor mit einer tragischen Komponente. Wenn Günther sagt, das Problem mit Pennern sei, wenn man ihnen etwas gebe, dann könne es sein, «dass sie dir die Geschichte deines Lebens erzählen», spricht einer, der das Scheitern gut kennt. Zwischen den Gedichten gab es kleine musikalische Einlagen von David Bokel (u.a. «Bokel Trio», «Grey Mole», «Franky Silence & Ghost Orchestra»). Bokel spielte sich an Akkordeon und Harmonium durch diverse Genres, von Bach über Ländler, hin zu Eigenkompositionen. Wunderschön seine Interpretation von Sufjan Stevens «The Transfiguration» am Harmonium. Melodisch reduziert und oft an der Grenze zum Kollaps ergänzten die Stücke Günthers Texte kongenial. Eine neue Intensität erreichte der Abend aber dann, wenn Musik und Wort wirklich gleichberechtigt zusammenkamen – wie es die Veranstaltung von sich behauptet. Bei der «Heizlüftersonate» spielte Bokel den Heizlüfter, während Günther den Text las. Als Günther zum Schluss einige ältere, längere und auch feinfühligere Texte vortrug und Bokel dazu improvisierte, war das sehr berührend. Und das ganze Potential der Veranstaltung wurde deutlich. Vielleicht in Zukunft also mehr miteinander und weniger nacheinander.