Mit Schalk, Charme und Spaghetti

Loge Luzern, Dienstag 15.10.2013: Die Autorin, Schrägstrich Musikerin und Theaterschaffende Sandra Künzi nutzte die familiäre Atmosphäre der Loge, um die Buchtaufe ihres Neulings «Mikronovellen» mit einer Lesung der etwas unkonventionelleren Art zu feiern. Am Kontrabass begleitete Regula Frei die unterhaltsame Inszenierung von Kurzgeschichten mit Geräusch, Musik und ernster Miene.

Für gewöhnlich laufen Lesungen anders ab. Dies macht Sandra Künzi – ganz zur Freude des Publikums – schon zu Beginn des Abends deutlich, wenn sie ankündigt: «S’isch jo e Läsig, drum hämmer dänkt, me fönd metere klassische Läsesituation a.» Dass der Grossteil des Programms nicht nach klassischem Schema verfährt, verwundert hinsichtlich des breiten Schaffensspektrums der «züritüütsch»-schwatzenden, (der Biographie zu Folge) aber Berner Autorin nicht. Es reicht nämlich von Bandprojekten über Moderationen und Poetry-Slams bis zu Satiren und Kolumnen. Die kleinen Geschichten, Gedichte oder gar Lieder, welche teilweise für Zeitschriften oder szenische Produktionen konzipiert wurden und jetzt, in «Mikronovellen» zwischen zwei Buchdeckeln zusammenfasst, käuflich sind, eignen sich offensichtlich sehr gut für unterschiedliche und phantasievolle Darbietungsformen. Künzi beherrscht die Kunst, ihren Texten durch treffsicheres Einsetzen von Mimik und veränderter Stimme Salz und Pfeffer zu verleihen. Das Publikum verfällt in Gelächter, wenn sie die Novellen nicht nur liest, sondern die Figuren darin - manchmal sogar mit Kostümierung - regelrecht anfängt zu spielen. So zum Beispiel, wenn es etwa um eine Frau geht, die rein um des hysterischen Anfalls Willen in einer Edelboutique einen eben solchen vorschiebt oder wenn eine von Drogenpillen zugepumpte Partyqueen ihren Rauschgedanken freien Lauf lässt. Natürlich könnte man anmerken, dass etwa die Schlusspointe in einem Text namens «Pause», in dem der Freund von der Freundin eine Beziehungspause verlangt, diese Idee aber schliesslich hinfällig wird, da die Freundin darauf den Fernseher durch Demolierung in Pause versetzt, weder besonders kreativ, noch neu ist. Das Unterhaltungstalent Künzis tröstet aber vollumfänglich darüber hinweg, dass die Texte an sich nicht durchgängig von gleich hoher Qualität sein mögen. Schliesslich versetzt die Autorin selbst augenzwinkernd zwischendurch: «Ich chum äbe usem Berich performative Literatur.» Dem alle Ehre machend, läuft sie bei der Zugabe nochmals zur Höchstform auf, wenn sie mit Spaghetti auf dem Kopf und säuselnder Stimme «die einsame Furie» gibt. Diese Performance bereitet dann selbst der grossgewachsenen Regula Frei am Kontrabass, die während des ganzen ohnehin schon ulkigen Programms stets erfolgreich bemüht war, eine strenge Visage zu wahren, die grösste Mühe, ihre Lachmuskeln noch länger unbenutzt zu lassen.

Das Büchlein «Mikronovellen» ist im Verlag «Der gesunde Menschenversand» erschienen und kann in Kombination mit der Autorin nur in anderen Städten genossen werden, als nächstes in Burgdorf am 19.10.