Kutti MC: «Von der Band instrumentalisiert»

Stans ist wieder und wir freuen uns auf viel Musik. Es werden bis Ende Festival gut 400 Musikerinnen und Musiker aus insgesamt über 30 Ländern auf einer der 15 Bühnen in der Nidwaldner Metropole aufgetreten sein – im Spektrum von einheimisch-volkstümlich über World bis Rock und dieses Jahr besonders Nachwuchs-Jazz.

Auf dem Stanserhorn waren wir nicht zur Eröffnung am Sonntag. Da waren wir schon mal in den 80er-Jahren, als der Gipfel jeweils voller Flieger war. Die aufgetretene Formation Ils Fränzlis da Tschlin hatten wir schon mal in der Horwer Zwischenbühne erlebt. Die Platten der überlieferte unterengadinische Weisen spielenden Kapelle sind wunderschön, live wird da schon mal etwas zu viel geredet (in Relation zum Gespielten). Gut 250 Personen waren am Sonntag den Berg rauf, um mit Panoramablick der konzertanten Festivaleröffnung beizuwohnen. Unten im Dorf am Montag. Jetzt gehts erst richtig los. Auffällig und neu: Um den Festhüttengroove und das reine Dorfjugendrumhängen etwas einzudämmen zu versuchen, sind die kulinarischen Zelte dezentralisiert postiert. Neu dieses Jahr übrigens auch der Jazzförderwettbewerb, wo täglich zwei Bands juriert werden. Die Gewinner dürfen dann ans Jazzfestival nach Schaffhausen. Praktischer Hinweis: Rein arithmetisch gesehen, gäbe es allein im Rahmenprogramm 40 Konzerte von Anfang an bis und mit Samstag zu besuchen zum Wochenpin-Preis von gerade mal CHF 30.–. Mit Eintritt zu Enwee-Zelt, Weltmusik-Zelt, Jazzpavillon und zum neuen Latin-Zelt.

Also, es fängt am Montag an mit Säkularem im sakralen Raum. Ort des Geschehens: die Kapuzinerkirche. Aus Paris ist die vietnamesische Sängerin Huong Thanh ins Nidwaldernische gekommen, zusammen mit drei Mitmusikerinnen. Die Szenerie ist «exotisch», was sowohl die festlichen Gewänder der vier Damen wie auch der Instrumente betrifft. Yan Li etwa spielt die vertikal gespielte zweisaitige Erhu, ein geigenähnliches Instrument. Es wird getrommelt, derweil die an eine Pedalsteel-Gitarre erinnernde zitherähnliche Koto (japanisch) irgendwie nicht funktionieren will und noch vor Konzertbeginn weggeräumt wird. Dann noch Horizontales, ein mit Stäbchen angezupfter Akustikbass (Irrtum vorbehalten: eine koreanische Geomungo), auf dem sich trefflich auch die Bending-Technik praktizieren lässt. Gesungen und gespielt wird von der Liebe und von der Natur.

Eine andere Messe wird gleich im Anschluss im Kollegi hinten gefeiert. Affiche: «Cibelle». Der Schauplatzwechsel bringt auch gleich, schön typisch für Stans, ein Kontrastprogramm mit sich. Cibelle und ihre sechs Musiker haben die Bühne und sich selber mit Glitter und Glimmer dekoriert. Nachdem die Band als ihre eigene Vorgruppe aufgetreten ist, kommt sie, um zu singen (und ein bisschen E-Gitarre zu spielen). Cibelles letzte, dritte Platte heisst «Las Vênus Resort Palace Hotel» (2010), ein sogenanntes Konzeptalbum. Entschwebt wird in entfernte Zonen, ans Ende der Zeit, in ein Paralleluniversum. Festival-Speaker Kutti MC (zum dritten Mal in Folge in dieser Funktion) erklärt, er sei «von der Band instrumentalisiert worden», also hat er sich für seinen Ankündigungsauftritt auch Glitzer-Fummel umgehängt, um im charakteristischen Flow zu verkünden, es gehe jetzt dann gleich auf einen «kosmischen Trip». Der kommt dann auch vom wilden Haufen, mit hampelndem Bassisten, nur mit Turnhose bekleidetem Keyboarder, mit Cibelle in einem Irgendwas von Beinkleid (irgendwo zwischen Strumpfhose und Leggings). Der brasilianische-britische Musik-Verbund legt tüchtig los, zum Rockigen gesellt sich da immer wieder in Spurenelementen Ethno-Sound inklusive Reggae-Anleihen. Cibelle ist 33, gebürtige Brasilianerin, lebt heute in London. Kooperiert hat sie schon mit Leuten wie Devendra Banhart und CocoRosie, schön ihr millionenfach angeklicktes Animationsvideo zum Tom-Waits-Cover «Green Grass». Der Stanser Gig: Sagen wir mal «durchzogen». Es geht bald weiter (Fortsetzung folgt).