Kein Konzert für die Mehrheit

Südpol, 24.09.2015: Für ihr neues Album «In Plain Speech» hat Haley Fohr avantgardistische Künstler aus der Chicagoer Musikszene um sich versammelt: Gemeinsam machten sie unter dem Namen Circuit des Yeux auf ihrer Welttournee Halt im Südpol Luzern.Von Schwermut geprägt war der Inhalt des Konzerts, aber auch von Freiheit und Überwindung. Sich dem Geschmack der Norm zu entziehen lautet die Ansage.

Eröffnet wurde der Konzertabend von psychedelischen Klängen der Musikgruppe Film 2 aus Luzern, welche mit E-Bass, Schlagzeug und Stimme eine Live-Looping-Performance zeigten, die perfekt auf Circuit des Yeux vorbereitete. Trotz des Umstandes, dass Film 2 nur in Zweier-, statt in Dreierbesetzung auftrat, wäre das Intro schon Grund genug gewesen, den Südpol zu besuchen. Circuit des Yeux ist das Gegenteil eines Samstagmorgen-Radioprogramms. Circuit des Yeux ist eine Band der Inhalte. Sie versucht, Normen zu überschreiten, das Schöne im Hässlichen zu finden und zelebriert den Triumph des Melancholischen. Sich den gesellschaftlichen Gepflogenheiten zu entziehen und damit von der grossen Mehrheit zu lösen ist ein kantiger und einsamer Weg. Die aus der Abgrenzung stammenden Spannungen und auch die damit verbundene Schwermütigkeit sind die Hauptthemen von Frontfrau Fohr. In dieser Schwermütigkeit bleibt sie aber nicht gefangen, sondern zeigt auch, welche Kraft in der Freiheit und Überwindung liegt: Tun und lassen zu können, was man selbst gern möchte und sich selbst keine Grenzen aufzuerlegen.

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Dies widerspiegelt sich in der Musik: Die Chicagoer Gruppe, bestehend aus Fohr (Gitarre, Gesang), Whitney Allen (Querflöte) und Whitney Johnson (Violine) kombiniert Folk mit Free Jazz, Gothic-Rock mit Indie und zeigt damit letztlich wieder nur, dass sie sich erst gar nicht einordnen lassen will. Alternativ wäre wohl die passendste, aber wenig aussagende Bezeichnung. Der Sound ist streckenweise lärmig und rau, wird dann jedoch mit wunderschönen, ruhigen und melodiösen Passagen gedoppelt. Das Schöne beginnt mit dem Lärm zu verschmelzen und daraus dringt immer wieder Fohrs beeindruckend tiefe und volle, aber auch traurig wirkende Stimme, welche sofort den ganzen Raum für sich einnimmt. Die Atmosphäre im kleinen schwarzen Konzertraum mit den runden Tischen und den Kerzen darauf verstärkte diese «Düsterkeit» noch zusätzlich. Was Circuit des Yeux an diesem Abend zeigten, war etwas völlig Einzigartiges und Unvergleichbares. Es bleibt zu hoffen, dass sich Haley Fohr nie dem Geschmack und der Normen der Mehrheit beugen wird. Wer sich auf das introvertierte Spektakel einliess, wurde unermesslich belohnt – ein Konzert der Extraklasse!