Joan hats gerichtet – Joan & The Sailors und Forest Fire im La Fourmi

Eine Punkband, die Folk spiele, eine Stimme, die wie ein alter, aber gut geölter Zug durch die Prärie schnaube – zahlreich waren die Bilder, mit denen Forest Fire beworben wurden. Gefallen hat dann aber vor allem die Vorband.

Forest Fire, aus Brooklyn und Portland, wurde vollmundig und spannend angekündigt: Man zupfe sich heiter bis folkig (ach, wie glatt!) durch die Songs, die einem Präriedampfzug gleichgestellte Stimme des Sängers sei abwechselnd tief und nasal; man las, die Band sei für ihr erstes Album acht Monate im Studio gewesen. Nun, das hört man dem Album auch an, es klingt gut ausgewogen, dynamisch, interessant. Live lässt sich das von der Combo leider nicht sagen. Obwohl mancherlei Instrumentewechsel vorgenommen wurden, der barfüssige Gitarrist mit dem Keith-Richards-Make-up sehr hübsche Sachen mit einer Strat und einem Fender Twin anstellte (was den Tonmenschen unbegreiflicherweise zur direkten Intervention am Amp veranlasste), die Bassistin den schönen Höfner-Violinbass auch mal gegen eine Querflöte tauschte – die Musik blieb mehrheitlich belangloser Folkpop in schlichten Arrangements, durchaus nett, aber auch nicht mehr. Der Sound im Fourmi war schlecht, man kann es nicht anders sagen, das bisschen, was die Band an Dynamik hätte bringen können, verlor sich im mies eingestellten PA. Sänger Marc Tresher legte seiner angeblich vielseitigen Stimme strenge Zügel an, dylaneskes Genöle war das Einzige, was man zu hören bekam. Stimmlage wie PA verhinderten erfolgreich ein Verstehen der Texte, das dem Abend immerhin eine gewisse Spannung hätte verleihen können. Nehm ich mal an. Erst in der Zugabe zeigte die Band, wozu sie fähig wäre, endlich war etwas von der Heftigkeit eines Wild Fire in den Forests zu spüren. Ansonsten nahm sich die Band ihren MySpace-Namen wohl zu sehr zu Herzen.

Ganz anders da die Vorband, die wir hier deswegen in den zweiten Teil der Kritik stellen. Leider kam ich etwas zu spät und hörte nur etwa zwei Drittel des Konzerts – und wie Joan & The Sailors mittlerweile klingen, liess mich mein lausiges Zeitmanagement bedauern. Hört man Joan Seiler solo, bezaubert einen die Stimme, es mag einem aber ob des Wohlklangs und dieser ewigen Melancholie auch schnell zu viel werden, zumal wenn man mit einer ausgewiesenen Singer/Songwriter-Allergie behaftet ist wie ich. Aber diese Band! Sanft und doch hintergründig tief irrlichtern die Songs zwischen Portishead und Massive Attack, mit einer gelegentlichen Prise Grace Jones gar, aufwendige und verblüffende Arrangements geben der vorherrschenden Melancholie eine ganz eigene Färbung. Die schöne und wohltrainierte Mehrstimmigkeit der Songs trug das Ihre dazu bei – obwohl mir die Art der Musik eigentlich weniger zusagt, packte mich das Konzert (das, mit anderem Tonmenschen versehen, auch durchaus gut klang, wenngleich etwas leise). Nie gehörte Klänge wurden einem geboten, allesamt von echten Instrumenten erzeugt. Dabei spielte die Band in reduzierter Besetzung; der Schlagzeuger sei in den Ferien, hörte man, also sprang der Perkussionist/Gitarrist an der Küche ein. Auch die Harfe scheint noch im Urlaub zu weilen, die Harfenistin liess sich nur in der bereits erwähnten, ausgeklügelten Mehrstimmigkeit hören. Vielleicht war das ganz gut so, denn Seilers eigenwillige, schlichte Gitarrenarpeggios kamen auf diese Weise umso stärker zur Geltung, und wer über eine Stimme wie die ihre verfügt, braucht gar keinen so dichten Musikteppich. Wir geben die Punkte dieser Band. Nachtrag: Liebes Fourmi, ich weiss, ihr geht bald zu und braucht noch Kohle – aber sechs Stutz für eine Stange im Plastikbecher, das geht schlicht nicht.