Jazzig-royaler Ballroompotzblitz

Dienstag, 5. März 2013, Kleintheater: Max Raabe muss sich warm anziehen. Here comes King Pepe. Samt Le Rex. Will heissen: Formidables, einmal mehr, diesmal in die good ol’ Roaring Twenties abtauchend und im textlichen Heute aufbereitet. Toll.

«Themen: Sex, Alkohol, Computergames und Anverwandtes. Gesang in Mundart über drei Oktaven oder mehr. Instrumentierung: Big-Band-Jazz der 1920er-Jahre ab Schellack-Platte». So stehts auf der CD gedruckt. Sie heisst «King Pepe macht Pepejazz». In der Tat hat der Berner König dabei originales Flohmarkt-Plattenmaterial verwendet und einfach drüber gesungen. Wobei «einfach»: Die Chose ist freilich neu getextet, in typischer Pepe-Manier, erlauben wir uns den Kalauer: aufgepeppt. Und vor allem jetzt: Live lässt er nicht einfach ein Grammophon laufen, um in Halbplayback zu machen. Es wird handgemacht gespielt von einem überaus passenden Musik-Verbund namens Le Rex: Der versierte Haufen (LU/BE) an Tuba, Drums, Doppelsax & Posaune) ist für den heutigen Oldie-Sound besorgt. Das ist alter Jazz mit Swing-Tendenzen. Toll. Pepe selber an Trompete, Banjo und Mikrofon, in Tanzschuhen. Kurze Pausen fürs Instrumentales nutzt er, um auf dem Thron Platz zu nehmen. Zur Abwechslung hat er sich tüchtig Pomade ins Haar geschmiert und in Schale geschmissen. Stil muss sein. Auch die Übrigen: Anzug ohne Krawatte, dafür  mit Unterhemd. Ballpompösig prangt die Leuchtschrift auf der Kleintheaterbühne: «Champagne olé», dazu ist ausgeschildert: «King Pepe & Le Rex». Genau, was läge näher, als das Plattenkonzept live mit einer Band zu realisieren, die ebenso königlich daherkommt (und eben ihren Namen schon trug, bevor es zur Kollaboration kam; für Nichtlateiner: Rex ist kein Hundename, sondern schlicht das lateinische Wort für König). Schon geht’s los im gut gefüllten Kleintheater. Mit Verve und Pep und in gebotener Kürze (es war eben Schellackzeit: kurz und bündig). «Gang nid», «Chätsch dä Chätschi», «Big Sister & Brother» (ehemals «Moonglow» von Benny Goodman), «Chirschi» (Chriesi), «I han e Ton» (das ist wörtlich zu nehmen: ein Ton ist manchmal gut genug), dann, Überraschung, neu instrumentiert/arrangiert, das unglaubliche «Gebei» ab der zweiten King-Pepe-Scheibe «Tierpark»), «Ding Dong» («bescheuerter Titel», aber auch gut; «Ding Dong Ding Dong/Dä gä dä gä ding ding dong/Ding Dong Ding Dong/Dä gä dä gä ding ding dong), ein schmachtendes «Oh Mond». Nach-/Mitlesen kann man hier. Zwischendurch grosses Outing: King Pepe verrät seinen richtigen Tarnnamen und den Titel seiner Berner Lizentiatsarbeit: Simon Hari und «Sanfte Regulierung. Herrschaft und Verwaltung in der Landvogtei Yverdon 1750–1756». Das haben wir noch nicht gewusst: Der King ist ein Studierter mit der Lizenz zum Historisieren. Das passende Lied in autobiografischer Selbstreflexion heisst «Gschichtsbüecher my Ass». Aus uralter «Gameboy»-Zeit heraufgeholt hat er das Textmotiv für «I u mi Fründ dr Supermario». Dann im Zugabenteil, der eine oder die andere mag heimlich darauf gehofft haben: «Büssi»! Exzellent, Ihro Exzellenz! Jetzt muss man nur noch die Platte kaufen. Also los!