Heitere Intervention auf der Verkehrsinsel

Bundesplatz, Luzern, 19.07.2018: «So unerwartet und divers wie Unkraut auftaucht und wieder verschwindet, ist auch dieses Ausstellungsprojekt» – das KRAUT Kunstfestival geht heuer in die zweite Runde. Durchgangsorte in Luzern, normalerweise unscheinbar und nicht sonderlich attraktiv, sollen jeweils für ein paar wenige Stunden zu genussvollem Verweilen einladen. Der Einstieg am Bundesplatz machen die Kunstschaffenden Daniel Karrer, Michael Meier, Christoph Franz und Manu Louis.

Fröhlich plaudernde Menschen stehen in Grüppchen beieinander. Eine friedliche, intime Stimmung herrscht. Fast könnte man meinen, einem Gartenapéro beizuwohnen, doch tatsächlich steht man direkt hinter dem Toilettenhäuschen, mitten auf dem vielbefahrenen Bundesplatz. Dieser Umstand scheint jedoch nicht weiter aufzufallen, nein, er verleiht dem Ganzen eher eine interessante Note. Ein Ort, an dem normalerweise bis auf die ein- und ausgehenden Strasseninspektoren selten jemand einfach so stehen bleibt. Doch an diesem warmen Sommerabend scheinen die Leute den Platz zwischen den umherkurvenden Autos sehr zu schätzen, was mit gutem Grund an den diversen künstlerischen Eingriffen liegen mag. Nach ein paar einleitenden Worten der Organisator*innen heisst es: selber entdecken und erleben.

Daniel Karrer
Toilettenhäuschen als Ausstellungsfläche, Bilder von Daniel Karrer

Das sonst so unscheinbare, rosa-beige Strasseninspektoratshäuschen zieren fünf Bilder des Baslers Daniel Karrer. Auf weissem Hintergrund lassen sich vage, in Grün- und Gelbtöne getauchte Formen erkennen. Die Bilder fügen sich in die Umgebung ein und fallen doch auf eine spezielle Art und Weise auf. Karrer vermischt in seinen Werken digitale und natürliche Referenzen und schafft so einen Eindruck von beinahe kartonartigen Gebilden.

Litfasssäule
Litfasssäule kaschiert Kunst, Plakate von Meier und Franz

Gleich daneben entdeckt man eine plakatierte Litfasssäule, bei der man den künstlerischen Hintergrund vielleicht erst auf den zweiten Blick bemerkt. Gut versteckt und doch sehr offensichtlich vermischen Michael Meier und Christoph Franz, kurz auch einfach «Meier und Franz», Kunst mit Architektur und stellen so eine Transformation im organischen Raum her. Die schwarz-weissen Plakate thematisieren aktuelle Aufträge und zeigen Werkzeug des Luzerner Strasseninspektorats, dessen Depot sich momentan noch direkt neben dieser Litfasssäule befindet. So bindet das Künstlerduo jene Menschen, die diesem Ort und dieser Strasse am nächsten sind, in die Umgebung ein.

Manu Louis
Kleiderspendebox als Bühne, Musik von Manu Louis

Dann wehen erste elektronische Töne über den Bundesplatz. Die Gespräche stellen sich langsam ein und die Aufmerksamkeit der Besucher*innen geht sanft von den ausgestellten Werken zum belgischen Musiker Manu Louis über. Ausgerüstet mit Synthesizer, Laptop und einer kleinen E-Gitarre, bereitet er eine wundervolle musikalische Darbietung. Mit einem Mix aus Pop, elektronischem Sound und Klassik schafft er ungewohnte Kontraste. Den exotischen Klängen dieses extrovertierten Musikers gelingt es, die Stimmung auf der Verkehrsinsel noch fröhlicher und ausgelassener zu machen. Die Leute bewegen sich zur Musik und immer wieder halten Velofahrer*innen und Passant*innen an, um das Geschehen amüsiert zu beobachten.

Diese heitere Stimmung vermag den ganzen Abend anzuhalten und drei Stunden lang sprudelt der kleine Platz vor Leben, bis er sich dann gegen zehn Uhr langsam leert und wieder zum alltäglichen Bundesplatz konvertiert. Später am Abend ist von diesem kurzen, aber intensiven Intermezzo nichts mehr zu erkennen und der erste Anlass des diesjährigen Kunstfestivals macht seinem Titel alle Ehre – eben genau so, wie Unkraut kommt und geht.

Bundesplatz KRAUT
So schnell, wie das Kraut kommt, verschwindet es wieder.

Die positiven Reaktionen und Rückmeldungen machen den Veranstaltern grosse Freude und auch sie selbst scheinen den Abend sehr zu geniessen. Unter anderem sehen sie ihr Projekt als Chance, die Luzerner Kulturszene zu vernetzen und eigene Bekanntschaften zu pflegen. Ausgezeichnet mit dem Migros Kulturprozent Förderpreis und dem Ansatz, Kunst für eine kurze Zeitspanne an unerwartete, öffentliche Orte zu bringen, um die Plätze attraktiver und das künstlerische Erlebnis intensiver zu machen, haben sie mit ihrem ungewöhnlichen Projekt die Begeisterung vieler Leute geweckt.

Das Festival umfasst im Juli und August insgesamt sechs Anlässe an unterschiedlichen Orten.
KRAUT#2 findet am Dienstag, 24. Juli von 18.00 bis 21.00 Uhr im Löwengraben statt.
Weitere Informationen zu allen Veranstaltungen unter www.kraut.li